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[kol_3] Traubiges: Auf ex?
Excomungado Douro 2011 aus Portugal
 
Vielleicht ist es etwas übertrieben zu sagen, wir hätten diesen Wein auf ex getrunken – höchstens etwas. Aber es hat nicht einmal eine Stunde gedauert, da waren die Flasche und beide Gläser leer, bis auf den letzten Tropfen.

Wie es dazu kam? Wir waren schon lange verabredet, endlich mal wieder gemeinsam einen Wein zu trinken. Dann trafen wir uns am frühen Nachmittag im Februar, die Sonne schien in die tristen Prenzlauerberger Hinterhöfe, wir stellten uns mit unseren Gläsern auf den Balkon, bewunderten einen einsamen Kirchturm, und der portugiesische Tropfen floss uns einfach so durch die Kehlen. Zuerst noch etwas verschlossen, wir konnten beide kaum so etwas wie ein Bouquet wahrnehmen, dafür aber sofort einen umso üppigeren würzigen, ja, auch feurigen Geschmack nach Tabak, reinem Kakao, Kaffee, Schleen, Brombeere und grüner Paprika.

Die Tannine machten anfangs ihrer lautmalerischen deutschen Bezeichnung, G-e-r-b-stoffe, ganz herbe alle Ehre – wandelten sich aber dann innerhalb kurzer Zeit zu einem samtenen schnurrenden Kätzchen, das sich in der Mittagssonne zumindest an meinen Gaumen schmiegte. Ähnliches geschah mit dem Bouquet: Es öffnete sich in der ersten halben Stunde zusehends und verströmte schließlich einen angenehmen Duft nach Lorbeeren und dunklen Früchten.

Aus dem berühmten portugiesischen Anbaugebiet Douro (genau genommen aus dem Douro Superior), der an der Grenze zu Spanien liegt, stammt dieses heiße Gewächs. Das Klima dort beschreibt der Erzeuger, die Quinta de Vale de Pios, als kontinental und die Böden als karg. Hier muss die Rebe also tief wurzeln, um an Wasser zu gelangen. So transportiert sie automatisch viele Mineralien mit in die Trauben. Derer da sind: Touriga Naçional und Touriga Franca, Tinta Roriz und Tinto Cão – also ein vornehmlich autochthones Gewächs.

Der Winzer hat diese Cuveé Excomungado genannt, was soviel wie exkommuniziert bedeutet und sich auf die Tatsache bezieht, dass dieser Wein vom Holz exkommuniziert, also befreit wurde. Kein Wunder also, dass er so lebendig und doch so leicht ist. Wir haben auch ziemlich befreit (und viel) gelacht in dieser kurzen Stunde. Daher jederzeit wieder, gerne mit diesem Wein. Vielleicht nicht unbedingt auf ex, aber auf jeden Fall auf uns. Hasta la victoria siempre!

Text + Foto: Lars Borchert

Über den Autor: Lars Borchert ist Journalist und schreibt seit einigen Jahren über Weine aus Ländern und Anbauregionen, die in Deutschland weitestgehend unbekannt sind. Diese Nische würdigt er nun mit seinem Webjournal wein-vagabund.net. Auf caiman.de berichtet er jeden Monat über unbekannte Weine aus der Iberischen Halbinsel und Lateinamerika.

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