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[kol_2] Grenzfall: América First - Sí, Señor!
 
Nun sitzt er also auf dem Thron, "the Donald". Zwar haben die USA, dieser kleine Wurmfortsatz des großen Doppelkontinents América, schon öfter mit einer Minderheit der Wählerstimmen (aber der Mehrheit korrupter Wahlmänner) bizarre Burschen ins Weiße Haus gewählt. Man denke nur an  Cowboy-Schauspieler Ronald Reagan, dessen Lebenslauf nicht mit einem Übermaß an politischer Bildung gesegnet war oder an G.W. Bush, der in entscheidenden Momenten der Weltgeschichte grenzdebil in die Kamera blickte. Aber dieses Donaldchen ist nun der durchgeknallteste Idiot, den die USA jemals auf ihrem Präsidentenstuhl präsentiert haben. Gratulation dazu, das muss man erstmal schaffen: einen verarmten white-anglosaxon-protestant Farmer aus dem Mittelwesten oder einen arbeitslosen Fabrikarbeiter aus Detroit oder Chicago glauben zu lassen, dass ausgerechnet ein Multimilliardär, der nie anständig Steuern gezahlt hat, sich für Ihre Interessen stark macht statt wie immer für seine eigenen. Wrong! Wrong! (aber das werden die Farmer und Arbeiter in den nächsten vier Jahren wohl selbst kapieren).

Aber selbst wirtschaftlich war "the Donald" längst nicht immer so erfolgreich wie er es selbst gern darstellt. Sein Casino-Hotel war ein Millionengrab und für seine in Russland präsentierte Wodka-Marke, die seinen Namen trug, musste wegen mangelnder Verkaufszahlen nach einem Jahr die Produktion 2007 eingestellt werden. Aus jener Zeit stammen wohl die Videos von seinen Bordellorgien, mit denen der russische Geheimdienst ihn nun erpresst. Aber hey, das kann den Donald doch nicht erschüttern, denn zum einen ist er eh ein wortgewaltiger Verfechter des Rechts auf ein Harem, zum anderen sieht seine einzig legitime Frau eher aus wie eine hauptsächlich aus Plastik bestehende Puffmutti und keineswegs wie eine First Lady von Format (Jackie and Michelle, we miss you!) Also mit moralischen Maßstäben braucht dem Donald sowieso niemand zu kommen, Moral ist nur etwas für Schwächlinge. Und Fakten werden nur von der Lügenpresse verbreitet, zweizeilige Twitter-Posts sind grundsätzlich faktenfrei.

Mit den Fakten hat er es ja nicht so, der Donaldito. Nachdem bei seiner Inthronisation ja kaum Publikum anwesend war, sondern nur seine Großfamilie (sein Harem nebst Kindern, Kindeskindern und Hundeausführern; ein Dutzend handverlesene Jubel-Trumpis und ein Pressevertreter der "Prawda" geschickt von Putin) und in den Fernsehbildern vor seiner Bühne eine leere Avenue zu sehen war, wollte Donald das nicht auf sich sitzen lassen. Er beschuldigte die globale Medienwelt der Fälschung und präsentierte am Tag danach seine "alternativen Fakten": eine volle Avenue, kopiert aus den Fernsehbildern der Obama-Amtseinführung von vor acht Jahren. Und morgen wird er den Auftrag geben, dass Christo das Weiße Haus komplett mit goldenem Lametta verpackt.

Und nun hat der Donald der Welt sein Regierungsprogramm präsentiert: kurz und knackig, ohne diplomatischen Firlefranz und voll cool: der Ku-Klux-Klan wird zur Präsidentengarde erhoben, die Todesstrafe wird für alle Muslime, katholischen Latinos und Schwarze eingeführt (bei Mulatten überlegt er noch), alle Automarken außer Ford werden in den USA verboten, der Gebrauch der Weltsprache Spanisch wird in den USA verboten und alle katholischen Kirchen werden geschlossen (Moscheen sowieso). Ab März 2017 importieren die USA gar nichts mehr (OK, vielleicht noch ein paar Löschflugzeuge für die ständigen Waldbrände in Kalifornien und ein paar Säcke nicht genmanipulierte Erdnüsse aus Usbekistan für die Ökos in Seattle). Die USA treten aus der NATO aus und Trump gründet das "Triumvirat der Testosteron-Torpedos" (Trump-Putin-Erdogan), wobei das nicht so harmlos daher kommen wird wie das Kölner Dreigestirn, denn schon bald werden die drei sich streiten, wer von ihnen die Jungfrau ist - und dann ist Schluss mit Karneval! Denn schließlich wird Prinz Trump höchstselbst am Karnevalsdienstag in El Paso den Grundstein für die Mauer gegen Mexiko legen.

Und an dieser White-Anglosaxon-Protestant-Mauer des Faschismus wird der Donald ein Schild anbringen, auf dem in Riesenlettern steht: America First! Dem kann man nur zustimmen: Ja, América primera - Sí, Señor! Denn "América", das sind ja vor allem die kulturtragenden Länder des Kontinents, allen voran Peru und Mexiko, wo schon kolossale Pyramiden und Tempel erbaut wurden, als es in den USA noch nicht einmal Blockhütten gab, und wo Renaissancekathedralen und Barockkirchen prunken, während die USA (als sie dann endlich mal das Bauen gelernt hatten) zuerst peinliche Kopien von französischem Klassizismus und danach einfach nur langweilige, elend hohe Quader in die Landschaft setzten. Und zur wichtigsten Ankündigung des Donald, eine Mauer gegen Mexiko zu bauen - auch dem kann man nur zustimmen. Solange er sie da baut, wo sie hingehört: nämlich NÖRDLICH von Kalifornien, Nevada, Arizona, Colorado, Neu-Mexiko, Texas, Florida. Alle diese Gebiete (die Hälfte der heutigen USA) gehören schließlich völkerrechtlich zu Mexiko und wurden nach dem ersten großen imperialistischen Krieg 1948 von den USA illegal annektiert. Die spanischen Namen verraten bis heute, zu welchem Land die Städte Los Ángeles, San Francisco, San Antonio und Santa Fe eigentlich gehören: zu Mexiko! Und de facto sind im Großraum von Los Ángeles schon wieder mehr als 75% der Bevölkerung spanischsprachig. Tendenz steigend, Gott sei Dank - so erobern sich die Kultursprache Spanisch und die Kulturnation Mexiko langsam ihre Territorien zurück. Tacos statt Donuts! Meine Twitternachricht zur Inthronisation des Fettaugen-Donuts mit dem barbieblonden Toupet: Viva México - a reconquistar lo que es tuyo!

Eventuell entsprechen nicht alle Daten und Fakten in diesem Artikel der Wahrheit: aber, hey, Donald, haben wir uns jemals für Fakten interessiert? Fakten sind lästig und hinderlich bei der freien Meinungsäußerung! Also machen wir es wie du und präsentieren alternative Fakten!

Text: Berthold Volberg

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