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[art_4] Argentinien: Durch den schönen Norden – Teil 2 [Teil 1]

Nach einem erneuten abendlichen Ausflug geht es mit dem Bus am Morgen nach San Salvador de Jujuy, wo wir nur eine Nacht bleiben werden, um uns ein weiteres Auto zu mieten. Im Bus ergibt sich ein nettes Gespräch mit einem argentinischen Clown. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: es ist ein Pantomime, der auch schon in Europa aufgetreten ist und sich nun mehr schlecht als recht durch das Leben kämpft, seinen Mut aber beileibe nicht verloren hat. Er spricht ein wenig Deutsch, weil er eine deutsche Freundin in Freiburg hatte und wir gehen gemeinsam in Jujuy auf ein Bier. Er erzählt uns, warum er tatsächlich hier ist. Er wollte eine Dame treffen, die er im Internet kennen gelernt hatte. In diesem Zusammenhang erklärt er uns, was mich als Medienwissenschaftler ein wenig überrascht, dass es gar nicht so einfach sei, im realen Leben Mädchen zu treffen, die sich nicht natürlich geben und beim abendlichen Ausgehen ehrlich seien. Das hat mich doch verblüfft, da das Internet, insbesondere Chaträume, ja mittlerweile als Rückzugsort für Menschen gilt, die sich in der sozialen Öffentlichkeit nicht so einfach bewegen wie andere. Aber wie dem auch sei, es ist ein angenehmes Gespräch und so verkürzen wir zusätzlich die Nacht in Jujuy, das als Stadt wahrlich nicht viel zu bieten hat.


Entlang der Quebrada fahren wir mit dem Mietauto in Richtung Purmamarca, wo wir auf dem Weg einige kleine Sehenswürdigkeiten passieren. Immer wieder kommen wir an Kakteenwäldern vorbei, die uns gedanklich doch eher nach Mexiko versetzen, aber diese Pflanze ist durchaus auch hier im Norden Argentiniens äußerst häufig anzutreffen und nicht zuletzt dient das Holz seit jeher dem Bau von Beichtstühlen, Truhen, Dachbalken und Türen. Das Städtchen Purmamarca lassen wir zunächst im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und fahren weiter nach Tilcara, wo es die gleichnamige Ruinenstätte zu besichtigen gibt. Dennoch lassen wir uns zunächst von dem kleinen Andenmarkt einnehmen, da meine Gefährten allesamt noch Mitbringsel für die Daheimgebliebenen brauchen. Die Artesanías unterscheiden sich nur geringfügig von denen aus Bolivien und Peru, und das ist auch nicht verwunderlich, denn bis an die Grenze zu Bolivien sind es gerade mal 150 Kilometer Luftlinie. Die Ruinen sind nicht gar so einnehmend und nach einem kurzen Rundgang entschließen wir uns nach Maimará zu fahren, wo es zwei Dinge zu sehen gibt. Zum einen den Friedhof, der auf einem kleinen Hügel errichtet wurde und durch zahlreiche bunte Gräber bizarr und unübersichtlich anmutet. Zum anderen eine hinter dem kleinen Ort liegende Gesteinsformation, die sich La paleta del Pintor, die Malerpalette, nennt. Der Berg nimmt aufgrund von Erosion und verschiedener Mineralien unterschiedliche Farben an, die sich je nach Sonnenstand in der Intensität unterscheiden und phantastisch anzusehen sind. Wir lassen es uns nicht nehmen, hier den letzten Schluck Wein zu trinken und die letzten Früchte zu essen, ehe wir unser Nachtquartier in Purmamarca beziehen.

Purmamarca ist ebenfalls ein kleiner Andenort, allerdings nicht mehr auf der Ruta 9, sondern auf der Ruta 52, die nach Chile führt. Malerisch erhebt sich im Hintergrund der Cerro de los Siete Colores, Der Berg mit den sieben Farben. Ähnlich wie bei der Malerpalette bestimmen Mineralien die unterschiedliche Farbgebung des Berges, der in Wahrheit mehr als sieben Farben beinhaltet. Wir kommen gerade noch rechtzeitig für ein abendliches Photo, dann heißt es die morgendliche Sonne ausnutzen und früh aus den Federn zu steigen.

Den Abend verbringen wir bei einem letzten gemeinsamen Essen, denn zwei meiner Kollegen nehmen den Mietwagen mit zurück nach Jujuy, um dann weiter nach Iguazú zu reisen, um die berühmten Wasserfälle zu sehen. Ich hingegen möchte noch weiter nördlich zum Andenort Iruya mit seinen nur 120 Einwohnern inmitten der argentinischen Puna. Der siebenfarbige Berg funkelt im Morgenlicht noch schöner und ich genieße die frische Luft bei einem Mate und sehe den Einheimischen dabei zu, wie sie den Markt für die Touristenbusse aufbauen. Beim Frühstück treffe ich einen Mann, der mir wärmstens die Grandes Salinas, die großen Salzseen, ans Herz legt.

Kurz berate ich mich mit meinem letzten Mitreisenden und wir entschließen uns, noch einen Tag in Purmamarca dranzuhängen und uns die Salzwüste auf 4.000 Metern Höhe anzusehen. Natürlich hat der nette Herr schon jemanden für uns, der uns gerne mit seinem Wagen dorthin bringen würde.


Da wir den Preis in Ordnung finden, packen wir kurz entschlossen das Nötigste ein und fahren zusammen mit einer Argentinierin und einer Amerikanerin zu den Salzwüsten. Schon der Weg dorthin ist aufregend. Eine Serpentine jagt die nächste und gibt immer wieder abwechselnd Blicke auf Bergspitzen und Täler frei. Als wir den 4.200 Meter Pass überqueren, sehen wir schon den Salzsee eingefasst von kleineren Bergketten schneeweiß schimmern. Wer hier keine Sonnenbrille dabei hat, kann beim besten Willen dieses Stück Natur nicht wirklich genießen. Zehn Männer arbeiten an einer Stelle und sind von oben bis unten eingepackt, das Gesicht ist ebenfalls verhüllt. Durch das reflektierende Licht haben sich wahrscheinlich schon viele verbrannt. Die Sicht ist atemberaubend. So weit das Auge reicht erstrahlt es weiß und durch den Wind entstehen Sandwaben. Ein bizarrer Anblick, den wir bei einem kleinen Rundgang erst richtig genießen. Es wird also nach wie vor Salz aus den vertrockneten Seen gewonnen und natürlich darf auch hier ein kleiner Stand nicht fehlen, wo Salzkristalle und Steinplatten mit alten Motiven und Inschriften verkauft werden.

Noch vor Sonnenaufgang machen wir uns auf den Weg in Richtung Humahuaca, den Ort, von der die Quebrade ihren Namen bekommen hat, der allerdings wenig spektakulär ist. Wir nutzen ihn lediglich, um weiter nach Iruya zu fahren; in einem wahren Chickenbus, dass mir jetzt noch die Knie wehtun, wenn ich daran denke. Der Bus ist überfüllt, was einfach daran liegt, dass nach Iruya nur zweimal am Tag Busse fahren und er für eine Strecke vier Stunden braucht, auch wenn es lediglich 80 Kilometer sind. Die Strecke ist nicht die Beste und man sollte die Pinkelpausen nutzen, denn man wird ordentlich durchgeschüttelt.

Der Ort liegt malerisch am Hang auf 2.700 Metern und kleine Kinder sind auf der Suche nach Klienten für Eltern oder Nachbarn. Wir werden ebenfalls Opfer und lassen uns eine Unterkunft zeigen. Es ist keine Hochsaison, das merkt man sofort. Die Frau, die uns das Zimmer zeigt, ist derart freundlich, dass wir nicht lange überlegen.

Eine Aussicht über den ganzen Ort und eine eigene Terrasse für gemütliche Stunden, das ist ganz in unserem Sinne.

Nach einem schnellen Essen machen wir uns wieder einmal auf den Weg, die nahe Umgebung zu erkunden. Für mehr als drei Stunden Wanderung ist heute keine Zeit mehr, aber das ist nicht so schlimm, einen kleinen Einblick in die Gegend hier bekommt man allemal. Einem Fluss folgend steigen wir bergauf und sehen schon jetzt, dass die Berge auch hier funkeln. Zwar nicht mehr so bunt wie in Purmamarca, aber zusammen mit dem intensiven Blau des Himmels, schimmern die Bergketten smaragdgrün, sonnengelb und goldbraun. Am Abend lassen wir uns von der „Dueña“ Mate und Brot mit Dulce de Leche, süßem Karamellaufstrich, verwöhnen und genießen die letzten Sonnenstrahlen, ehe es kühl wird und wir zum Essen gehen. Hier im Ort scheinen allerdings in der Nebensaison die Uhren anders zu ticken. Auch wenn ein Argentinier für gewöhnlich nicht vor 9 Uhr Abends ans Essen denkt, hier wird es schon um 8 Uhr schwierig etwas zu finden. Aber hinter einer Türe verbirgt sich dennoch ein Restaurant, das nur leider keinen Wein führt.

Bevor wir diesen schrecklichen Umstand überhaupt miteinander diskutieren können, sagt der junge Kellner, dass es auch kein Problem sei, wenn wir einen Wein kaufen und ihn mitbringen. Tja, man lernt wirklich nie aus, was Sitten und Gebräuche der einzelnen Ortschaften anbelangt. Mein Partner holt also noch eine Flasche Wein und wir lassen uns das Essen schmecken, ehe uns die Höhenluft in unsere Betten zwingt.

Früh geht es diesmal in Flussrichtung abwärts der Quebrada entlang, ehe wir scharf nach links abbiegen, um an einen Nachbarort, zwei Stunden Fußmarsch entfernt, zu gelangen. Immer wieder müssen wir Flussläufe passieren, was bei der unbarmherzigen Sonne aber stets eine willkommene Gelegenheit ist, sich abzukühlen. So kalt die Nächte sind, am Tag wird es immer recht warm. Die Puna ist karg und von Vegetation ist nicht allzu viel zu sehen. Lediglich die immer wieder sehenswerten Gesteinsformationen lassen unsere Unternehmung zu einem Erfolg werden.

Dennoch müssen wir am Nachmittag nach Humahuaca zurückkehren, weil von dort aus der Bus in Richtung Salta geht und wir noch einmal das Nachtleben dort genießen wollen, ehe es über Rosario, die Geburtsstadt Ernesto Guevaras, nach Buenos Aires zurückgehen soll.

Text + Fotos: Andreas Dauerer