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[kol_4] Lauschrausch: Chano Domínguez vs. Quadro Nuevo

Chano Domínguez
Acércate más
Nuba 7791

"Acércate más", der Titel der neuen CD des spanischen Pianisten Chano Domínguez, ist eine Aufforderung sich zu nähern. Und bei seiner Musik folge ich dieser Aufforderung gerne, sogar "mucho más", wie es im Originaltext des gleichnamigen Boleros des Kubaners Osvaldo Farrés heißt. Denn Chano Domínguez beweist einmal mehr sein Können am Klavier, wenn auch in anderer Form als bei den spektakulären Tastenläufen seiner Flamenco-Jazz-Fusion. Auf diesem Album überwiegen die ruhigeren Töne, ob in "Ana Maria", das Wayne Shorter für seine Frau geschrieben hat, im Mercer-Carmichael-Stück "Skylark" oder eben im schon erwähnten Bolero.

Cuban salsa
Lebhafter geht es zu bei "John’s Abbey" von Bud Powell oder beim Titel "Afroblues" von Mongo Santamaria. Hier harmoniert Chanos Tastenkunst wunderbar mit der Percussion von Miguel "Angá" Díaz, dem im August 2006 im Alter von nur 45 Jahren viel zu früh verstorbenen kubanischen Ausnahme-Conguero.

Außer ihm begleiten Chano noch sein langjähriger Freund Guillermo Mc Gill am Schlagzeug und der Bassist George Mraz. Die beiden Highlights des Albums sind für mich jedoch das im Bossa-Stil dahin wabbernde "Cuando vuelva a tu lado", eine geniale Coverversion des Hits "What a difference a day makes" sowie Chanos einzige Eigenkomposition, die mitreißende "Rumba marina", bei der Hörer mit Feuer im Blut sicher nicht still sitzen bleiben können.


Quadro Nuevo
Tango Bitter Sweet
GLM/ FM 123-2

Dieses Album besteht aus exzellent und originell interpretierten Ohrwürmern. Die deutsche Gruppe Quadro Nuevo hat einen Weg gefunden, dem meist schwermütigen Tango durch die Anreicherung mit Elementen aus der Musette, dem Flamenco und aus der Musik vom Balkan eine mediterrane Leichtigkeit zu geben. Und nun diese Reise durch die populäre Musikkultur Europas: Schon das erste Stück kennt jeder, auch wenn die meisten nicht wissen, dass es "L’été indien" heißt und durch den französischen Sänger Joe Dassin berühmt wurde. Nach einem erfrischenden Zigeunerjazz a la Django Reinhardt horcht man bei "Petit fleur" erneut auf. Auch diese Melodie von Sidney Bechet gehört zum europäischen Kulturgut, ebenso wie Dalidas "Paroles, paroles" oder das unsterbliche "The windmills of your mind" von Michel Legrand, das hier in schneller Gypsy-Manier interpretiert wird.

Calle Real Con Fuerza

"Malafemmena" versetzt uns an die sonnige Adria während der polnische Tango "Müde Sonne" die Schwermut des Ostens repräsentiert; noch übertroffen von der Suizidmelodie "Szomoru vasarnap" (Gloomy sunday) aus Ungarn, aus der uns ein swingender "Säbeltanz" befreit.


Die Eigenkompositionen lösen natürlich noch keinen Wiedererkennungseffekt aus, brauchen sich aber musikalisch nicht hinter den Klassikern zu verstecken: Das Titelstück "Milonga Tati", zu Ehren des französischen Komikers, besteht aus einer Tangomelodie mit humorvollen Untertönen, die einem Spaghettiwestern entstammen könnten; fröhlich brasilianisch angehauchter Titel mit Musette-Einsprängseln. Kaufen und/oder verschenken!

Text: Torsten Eßer
Fotos: amazon.de