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Peru: Sacsayhuamán - Festung des zufriedenen Falken

"Dies ist das größte und stolzeste Werk, das die Inca bauten, um ihre Majestät und Macht zu demonstrieren. Seine Größe ist unvorstellbar für alle, die es nicht gesehen haben."

Mit diesen pathetischen Worten kommentiert Inca Garcilaso de la Vega (1539 – 1616), Sohn einer Incaprinzessin und eines spanischen Konquistadors und einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber Hispanoamerikas, die Festung, die hoch über der alten Incahauptstadt Cuzco auf fast 4000 Metern Höhe in den Anden thront.

Heute gehört dieser geheimnisvolle Ort, dem die Baumeister der Inca den Namen Sacsayhuamán gaben, zu den großen touristischen Attraktionen von Peru.

Es war mein letzter Tag in Cuzco. Auch auf meinem Besichtigungsprogramm stand Sacsayhuamán, die größte und Cuzco am nächsten gelegene Incafestung, als letzter Punkt vermerkt. Allerdings mit wachsendem Fragezeichen, denn der Morgen begann nicht sehr verheißungsvoll. Es regnete in Strömen, so dass man sogar das bunte Treiben auf Cuzcos Plaza Mayor nur durch einen Grauschleier erahnen konnte. Der Regen würde es unmöglich machen, den steilen Aufstieg nach Sacsayhuamán zu Fuß zu wagen. Doch noch gab ich nicht auf. Und dann – so gegen vier Uhr nachmittags – hörte es plötzlich auf zu regnen und die dunkelgraue Wolkendecke verfärbte sich silbergrau.

Zuerst führte mich der zähe Aufstieg durch Cuzcos steile Gassen, die wenig ermunternde Namen tragen wie "Ataúd" (Sarg) oder "Purgatorio" (Fegefeuer). Danach sind die steilen Treppen der Gasse Colcampata nur mit vielen Atempausen zu schaffen.

Cuzco bietet den Vorteil, dass man als Tourist beim häufigen, Atemnot bedingten Stehen bleiben vortäuschen kann, alle zwei Minuten die Aussicht genießen zu müssen – während die Einheimischen stumm lächelnd vorbeischreiten und genau wissen, dass die Gringos nur Pause machen, um nicht in Ohnmacht zu fallen.

Nachdem ich rechts von der höchstgelegenen Kirche Cuzcos, San Cristóbal, weiter bergauf marschiert bin, lasse ich die letzten Häuser und ein Lama mit purpurrotem Ohrring hinter mir. Der Weg führt nun über einen schmalen Pfad am Rande einer bewaldeten Schlucht entlang. Es ist erstaunlich, dass hier auf 3800 Metern Höhe noch richtig hohe Bäume wachsen. Das ändert aber nichts am Sauerstoffmangel und ich muss zugeben, dass ich nur noch im Zeitlupentempo vorankomme. Schuld daran ist auch der mit zunehmender Höhe immer heftigere Gegenwind. Aber endlich, nach knapp zwei Kilometern Quälerei, stehe ich vor dem ersten von drei versetzt, teilweise im Zickzack-Kurs aufeinanderfolgenden Mauerwällen kolossalen Ausmaßes. In der Tat sind selbst die Ruinen dieser strategischen Meisterleistung der Inca noch so beeindruckend, dass einem ein Schauer über den Rücken läuft, wenn man vor diesen zyklopischen Mauern steht, die das Werk unsichtbarer Riesen zu sein scheinen. Die Worte von Inca Garcilaso kommen mir in den Sinn. Diese Festungskonstruktion aus Granitblöcken ist absolut erdbebensicher und eigentlich war sie uneinnehmbar. Doch mit der Ermordung des Sonnengottsohnes Atahualpa und dem Einmarsch von Pizarro, der spanischen Konquistadoren und ihrer indianischen Hilfstruppen (ohne die Pizarro, ähnlich wie Cortés, niemals siegreich gewesen wäre) in Cuzco, wurde die nicht zu erobernde Burg Sacsayhuamán mit einem Schlag bedeutungslos.

Doch bevor ich mich der Medidation über die Vergänglichkeit von Macht und Ruhm hingeben kann, bauen sich zwei entzückend in ihre von kräftigen Rottönen geprägte Trachten gekleidete Indiomädchen vor mir auf und fordern energisch Wegzoll. Genauer gesagt verlangen sie Geld, um sich als "señoritas típicas" fotografieren zu lassen.

Auf meine Antwort, Geld gibt’s nicht, kommt die Bitte: wenn schon keine "dólares", dann "dulces" (Süßigkeiten). Das einzige, was ich ihnen anbieten kann, ist ein deutscher Müsli-Riegel. Nachdem sie ihn zwei Sekunden irritiert angestarrt haben, nehmen sie begeistert an. Ich mache das Foto, und noch bevor ich sie fragen kann, weshalb sie denn ihrem Baby-Lama, das doch Wolle genug hat, einen Wollpulli angezogen haben, stürmen sie den Hang hinunter, dem nächsten einsamen Touristen entgegen.


Ich wende mich dem monumentalen, aus tonnenschweren Granitquadern gemauerten Eingangstor zu, das mich irgendwie an das Löwentor in Mykene erinnert. Finster ragt es in den bleigrauen Himmel. Während ich hindurchgehe, versuche ich mir das Staunen der spanischen Konquistadoren beim Anblick dieser gewaltigen Festungsanlage vorzustellen, deren Ausmaße alles bis dahin Bekannte in den Schatten stellte.

Der einzelne Mensch sollte sich klein und verloren fühlen in diesem riesigen Festungslabyrinth, das die Inca als ungeheure Demonstration ihrer Macht errichteten. Die unterste und größte der drei Mauern ist 600 Meter lang und enthält erstaunlich gerade geschnittene Granitquader, die mehr als fünf Meter hoch und breit sind und mehr als hundert Tonnen wiegen.

Diese gewichtige Tatsache hat Sacsayhuamán weitgehend vor Zerstörung geschützt, denn solche steinernen Ungetüme waren auch mit Hunderten von indianischen Zwangsarbeitern nur äußerst mühsam zu bewegen oder gar ins Tal zu transportieren. Deshalb beschränkten sich die Spanier darauf, vor allem die kleineren Steinblöcke der oberen Mauern abzutransportieren, um sie für den Kirchenbau oder für Paläste unten in Cuzco wieder zu verwenden.

Natürlich mussten auch die Inca auf Arbeitssklaven zurückgreifen, um dieses Festungsprojekt zu realisieren: diese titanischen Mauern wurden in Zwangsarbeit errichtet. Zehntausende, meist aus von den Inca versklavten Indiovölkern rekrutierte Arbeitskräfte, mussten – wie weiß man immer noch nicht genau – diese Gesteinsmassen hierhin transportieren, bearbeiten und auftürmen. Der Bau wurde während der Regierungszeit der Incaherrscher Pachacutec (1438 – 1471) und Tupac Yupanqui (1471 – 1493) errichtet.


Die Bauherren gaben dem Jahrhundertwerk den Namen Sacsayhuamán: Festung des zufriedenen Falken. Wie ein Falkennest hängt die Konstruktion hoch über Cuzco und jede Bedrohung für das heilige Tal der Hauptstadt konnte aus dieser Höhe wie mit Falkenaugen schon von weitem gesichtet werden. Es sollte nichts nützen. Pizarro und seine Handvoll Haudegen hätten die Festung des Falken niemals erobern können, aber dies war auch nicht mehr nötig. Wie Cortés in Tenochtitlán, machten sich die Spanier im Tahuantinsuyu geschickt den Hass der von den Inca unterdrückten Indiovölker zu Nutze, deren Rolle für den Zusammenbruch des Incareichs immer noch unterschätzt wird. So stürzte das theokratische Imperium, ohnehin geschwächt durch den Bruderkrieg zwischen Atahualpa und Huascar, in beängstigendem Tempo in sich zusammen und Pizarro, der Schweinehirte aus der Extremadura, konnte in die Stadt des Sonnenkönigs einziehen und alles an sich reißen.

Cuzco blieb im Besitz der Spanier, nur ab und zu zogen sich Gruppen von incaischen Rebellen hier in die düsteren Festungswälle von Sacsayhuamán zurück und werden – wie der letzte Maurenkönig Boabdil in Granada – voll Melancholie unten ins Tal auf ihre verlorene Stadt geblickt haben, die sich vor ihren Augen dramatisch schnell veränderte:


Kirchtürme wuchsen dem Himmel entgegen, das Gold der Inca-Tempel wurde geplündert und über allem wehte nun der Doppeladler Karls V. statt Kondor und Regenbogenfarben. Nur am 24. Juni jeden Jahres verwandelt sich Sacsayhuamán erneut für einen Tag in ein glanzvolles Szenarium der Incakultur: zum Inti Raymi, dem Sonnenwendfest der Inca, das 1572 vom spanischen Vizekönig Toledo verboten worden war, dann im Untergrund weiter gefeiert wurde und 1944 von Humberto Vidal "wiederbelebt" wurde. Obwohl ein sehr touristisches und teilweise zu karnevaleskes Spektakel, vermittelt Inti Raymi mit seiner pompösen Inszenierung und Hunderten als farbenprächtige Inca verkleideten Akteuren doch eine Ahnung von der Bedeutung und Magie, die diese "uneinnehmbare" Festung des Sonnengottes vor Ankunft der Spanier ausstrahlte.

Text + Fotos: Berthold Volberg Druckversion  

Tipps:
Beste Reisezeit: immer, denn auch während der Regenzeit (November – Februar) regnet es nie Non-Stop, außerdem ist dann alles grüner. Die Temperaturen in Cuzco liegen tagsüber zwischen 17 und 21 Grad Celsius, nachts können sie bis zum Gefrierpunkt sinken, man sollte warme Schlafanzüge mitnehmen oder gleich im Alpaka-Pullover schlafen, da die meisten Hotels keine Heizung haben. Größte Vorsicht ist auf 3.500 Metern mit der "Höhensonne" geboten: auch bei Bewölkung eincremen, bei Sonne mit mindestens LF 25.

Die Jesuitenkirche
Plaza de Armas
Eintritt: frei - ist leider nur zu den Messen und kurz davor und danach geöffnet, obwohl es die bedeutendste Kirche der Stadt ist.
Geöffnet: Ca. 11-13 Uhr und 18-20 Uhr - besser auf jeden Fall fragen!

Kirche San Blas
Plazoleta de San Blas
Eintritt: 1 US$, ermäßigt mit Kombi-Ticket.
Geöffnet: 10.30-12.30 Uhr und 17.00-19.00 Uhr.

Kathedrale von Cuzco:
Geöffnet: montags bis samstags 14.00 – 17.30 Uhr, sonntags nur zur Messe. Eingang durch die Kirche der Sagrada Familia. Fotografieren (auch ohne Blitz) streng verboten.
Eintritt: es ist empfehlenswert, sich für 10 US$ das "Kombi-Ticket" für Cuzco für 10 der wichtigsten Monumente Cuzcos und für sechs Inca-Festungen in der Umgebung gilt.

Museo Inca:
Geöffnet : Di. – Fr. 9.00 – 13.00 und 14.30 – 17.30 Uhr, Sa. von 9.00 bis 14.00.
Eintritt: 1,50 US$, siehe obige Empfehlung.

Museo de Arte Sacro (Palacio Arzobispal)
C. Hatunrumíyoc/ Ecke C. Herrajes
Tel. (00511)-22-2781
Eintritt: Kombi-Ticket empfohlen (10 US$ für fast alle Museen in Cuzco).
Geöffnet: Montags (!) - Samstags 8.00-11.30 Uhr und 15.00-17.30 Uhr, Sonntags: 14.00-17.30 Uhr.

Museum des Klosters Santa Catalina
Plazoleta de Santa Catalina
Tel. (00511)-22-3245
Eintritt: Kombi-Ticket empfohlen (10 US$ für fast alle Museen in Cuzco).
Geöffnet: Montags (!) - Samstags 9.00-15.00 Uhr, Freitags + Sonntags geschlossen!

Museum des Klosters La Merced
Calle Mantas 121
Tel.: (00511)-23-1821
Eintritt: 3 US$ (nicht im Kombi-Ticket enthalten!).
Geöffnet: Montags (!) - Samstags 8.00-12.00 Uhr und 14.00-17.00 Uhr.

Unterkunft:
Hostal AMARU
Cuesta de San Blas N° 541
Tel.: (00511)-225933
Sehr schönes und sauberes Hostal, sehr freundliches und jung dynamisches Personal. Es handelt sich um ein historisches Haus in der barocken Altstadt (allerdings ohne Heizung), sehr zentral, ruhig und schön gelegen, nur 3 Minuten Fußweg bis zur Plaza Mayor (Plaza de Armas) und mit schöner Aussicht auf die Dächer der Altstadt von Cuzco und die Kirche San Cristóbal auf gegenüber liegendem Hügel. Preis: DZ mit Frühstück und Coca-Tee bis zum Abwinken: 25 US$.

Wie in allen Hotels in Cuzco sollte man sofort nach den Stunden der Wasserversorgung fragen, die wird nämlich manchmal stundenweise von der Stadtverwaltung abgestellt, so dass es passieren kann, dass man mit Shampoo im Haar unter der Dusche steht und kein Wasser mehr kommt.

Restaurants:
Haylilly
Calle Plateros
Empfehlenswertes Café/Restaurant. Einfach, aber gut und billig, besonders spezialisiert auf Frühstück und schnelles Mittagessen: gute Kuchen und Torten (die Schokoladentorte sollte man unbedingt probieren!), frisch gepresste Säfte (Papaya, Mango) und natürlich Coca-Tee. Mittagsmenüs komplett inkl. Getränk nur ca. 4 US$, sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis. Man kann hier auch zu Abend essen, aber man schließt früh (gegen 22.30)

Chez Maggy I + II
Pizzeria. Es gibt zwei: eins in der Calle Procuradores, das andere in der Calle Plateros.
Neben Pizzas auch Spezialitäten der Region und das gute weisse Cuzqueña-Bier. Gemütliches Ambiente, nicht teuer, aber weniger preiswert als Haylilly oder El Fogón. Mittags und Abends geöffnet.

El Fogón
Calle Plateros
Großes Restaurant in der ersten Etage, gute und sehr preiswerte Menüs (3 – 5 US$ komplett mit Getränk), nettes Personal. Auch Spezialitäten der Andenregion wie gegrilltes Meerschweinchen.

Souvenirs:
Arte Perú
Ecke Calle Plateros/Plaza de Armas
Sehr empfehlenswertes Juweliergeschäft mit liebenswürdigem Personal, das gute Beratung und auch Schmuck für kleien Geldbeutel zu fairen Preisen bietet, vor allem Silberschmuck, Smaragde, natürlich auch Goldschmuck. Ein schönes und passendes Souvenir: das sog. "Andenkreuz" oder "Inkakreuz", ein "quadratisches" Kreuz, das Elemente der Inca-Mythologie in seinen Symbolen vereint, meist aus Silber und Perlmutt/Schildplatt, in verschiedenen Farben.

Artesanías Mendivil
Plaza de San Blas N° 619
Inzwischen international bekannte Künstlerwerkstatt, die (nicht ganz billige) Kunstwerke (u.a. aus Keramik) herstellt, ein Besuch lohnt auf jeden Fall.

Neben Silberschmuck und Keramik, sollte man vor allem die (teilweise atemberaubend billigen) Alpaka-Wollpullover, Schals, Ponchos u.ä. aus Alpaka kaufen oder eine originelle "Inka-Maske" aus bemaltem Holz. Diese Souvenirs bekommt man z.B. im großen Artesanías-Markt hinter der Jesuitenkirche (Eingang: in der Calle Loreto).

Links:
infocusco.com
Sehr informative Page mit Artikeln zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Cuzco und Service-Teil "Turismo Cuzco".

inkatour.com/index_de.html
Rundum-Information zu Cuzco, auch mit Fotos, im Detail etwas oberflächlicher als infocusco.

Weitere Artikel zu Peru findet ihr im Archiv.







 
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