Von Cebiche und anderen Leckereien
Für Peruaner gilt das gleiche wie für Italiener und Franzosen: die Liebe zum Vaterland geht durch den Magen.
Der Zugang zur nationalen Küche ist denkbar einfach und erfordert lediglich ein wenig Spürsinn und Ausdauer. Das Ziel des Hungrigen sollten die Restaurants sein, die auf der unteren Preisskala rangieren (von 2-5 Sol für ein komplettes Mittagessen, 0,60-1,60¤) und überwiegend von Peruanern (zumeist morgens und mittags, abends wird eher wenig gegessen) aufgesucht werden. Das garantiert authentische, ausgezeichnete Küche und bewahrt vor Touristenfallen mit el-condor-pasa-Musik.
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Eine weitere hervorragende Quelle für die lokale und äußerst schmackhafte Küche sind die vielen Märkte, die allerdings für den ungewohnten Europäer hohe Anforderungen an dessen Toleranz in Hygienefragen stellen. Ein paar Vorsichtsmaßnahmen sind sinnvoll: kein Salat, kein Wasser, nichts was mit ungekochtem Wasser in Berührung gekommen sein könnte. Obst sollte geschält werden.
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Paranoia jedoch ist nicht angebracht und die Belohnung für den Mutigen beträchtlich: Perus Küche ist völlig zu Recht der Stolz der Einheimischen. Suppenfreunde werden die wirklich ausgezeichneten Brühen und Eintöpfe lieben, die vor allem in den Anden gelöffelt werden und mit Limette und ziemlich scharfer Chilisoße (ají) erst richtig auf Trab gebracht werden.
Wer durch Puno kommt, sollte die Schafskopfsuppe nicht unversucht lassen. Wers lieber vegetarisch mag, muss die Quinoa-Suppe (ein andines Getreide, das zusammen mit anderem Gemüsen gekocht wird) probieren. Vegetarier sollten in Peru vorsichtig sein: die Titicaca-Inseln Amantaní und Taquile sind zwei der wenigen Orte, an denen wirklich fleischlos gegessen werden kann. Ansonsten wird einem auch schon mal ein x (Huhn) für ein u (vegetarische Kost) verkauft.
Andenbewohner beginnen ihren Tag kräftig. Der Markt in Puno ist angefüllt mit Menschen, die früh morgens Suppen aus gigantischen Schüsseln schöpfen und danach noch unvorstellbar große Portionen gesottenen Fleisches verzehren. Touristen, die es weniger deftig mögen, können ihr Frühstück an einem der vielen Saftstände einnehmen, die neben frischen Säften zu niedrigen Preisen, sehr lecker auch mit maca (Knollengewächs) oder alfalfa (Luzerne), Obstsalat und Kuchen anbieten.
Das Mittagessen dagegen besteht aus drei Gängen. Eine typische Vorspeise ist die papa a la huancaína, eine Kartoffel, die mit einer Soße aus ají escabeche (gelbe, nicht sehr scharfe Paprika), Käse und Keksen übergossen wird. Eine andere ist der tamal, den man aus Maisgrieß herstellt, der mit Fleisch durchsetzt in Bananenblätter verpackt und auch morgens an den Straßen verkauft wird.
Das Hauptgericht besteht in erster Linie aus Fleisch, meist in Form des preiswerten Huhns, mitunter aber auch Rind und Schwein. Als Spezialität gilt Meerschweinchen, Alpaka und Kröte, im Dschungel auch unbekanntere Tiere.
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Gebratenes Fleisch ist in den billigen Restaurants oft zäh. Besser ist es, Geflügel oder an der Küste Fisch zu bestellen. Die sudados sind ebenfalls sehr zu empfehlen. Hierbei werden Fleisch oder Fisch in reichlich Flüssigkeit mit Gemüse gar und mürbe gekocht. Ihre Brüder, die chupes, sind deutlich flüssiger und würden bei uns als Eintopf gelten. Auch sie sind durchweg sehr schmackhaft.
In Peru gilt die Regel: was schmeckt, wird gegessen. Was macht schon der etwas seltsame Anblick einer Hühnerkralle in der Suppe, wenn diese dadurch so gut schmeckt, dass man sich die Finger danach leckt? Menschen mit empfindlichen Nerven sollten sich beim Kellner erkundigen, welcher Teil des Körpers ihnen zum Essen gereicht wird; das vermeidet unangenehme Überraschungen.
Aber Essen ist nicht nur einfache Sinnenfreude, manchmal kann uns die Küche eines Landes auch etwas über dessen Geschichte verraten. Nachdem die Sklaverei in Peru abgeschafft worden war und der Versuch, die Eingeborenen zur harten Feldarbeit heran zu ziehen, scheiterte, kam Domingo Elías die grandiose Idee, aus dem Hunger leidenden China Menschen auf seine Plantagen zu holen.
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Die fälschlich als Kulies Bezeichneten (ein Hindi-Wort für Tagelöhner) wurden dann de facto zu Sklaven und hauptsächlich auf den Guano-Inseln und zum Reisanbau eingesetzt. Oftmals erhielten sie die Erlaubnis, ihr Essen selbst zuzubereiten, woraus sich die sogenannten chifas, chinesische Restaurants, entwickelten, die heute über das ganze Land verteilt sind.
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Die Gerichte in diesen Restaurants sind das Ergebnis einer Verschmelzung der chinesischen mit der peruanischen Küche. Seitdem ist der Reis aus der peruanischen Küche nicht mehr wegzudenken.
Auch spanische, schwarzafrikanische und japanische Einflüsse sind klar erkennbar. Die Nationalspeise Perus, das aus rohem, mit Limetten gebeiztem Fisch bestehende cebiche ist der peruanische Verwandte des Sushi. Mit einem Glas kühlen Weißweins wird der Geschmackssinn von seiner fast brutalen Kraft beinahe überfordert. Dem Cebiche der Schwarzmuscheln (cebiche de conchas negras) wird sogar aphrodisierende Wirkung nachgesagt.
Allerdings gilt für Cebiche eine besondere Regel: lieber etwas mehr ausgeben und ein Restaurant besuchen, das wirklich frischen Fisch verarbeitet; am besten auf Empfehlung eines Einheimischen.
Auf keinen Fall sollte man dem Beispiel des geflüchteten Präsidenten Fujimori folgen und Cebiche auf der Straße essen.
Zu guter Letzt soll nicht verschwiegen werden, dass die Peruaner auch in Sachen Nachspeisen durchaus mithalten können. Besonders bekannt für seine Leckereien ist die Hauptstadt Lima, nach der auch das wohl emblematischste Dessert benannt ist: der Seufzer von Lima (suspiro limeño). Viele Eier, Portwein und Kondensmilch machen ihn für eine Diät komplett ungeeignet. Meine Lieblingsnachspeise jedoch gibt es in Huancayo: ein triple aus Milchreis, Mazamorra morada (aus Ananasstückchen gekocht und mit schwarzem Mais eingefärbt) und Pfirsichhälften im eigenen Saft. Hmmm! Ausgesprochen schmackhaft!
Weitere Rezepte findet ihr im Archiv.
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