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caiman.de 5. ausgabe - köln, 01.mai.2000
llamatrekking in ecuador

Wandern mit wolligen Kameraden

Die wichtigste Entscheidung in unserem Leben war es wohl, vor 7 Jahren unsere Heimat Österreich und unseren Wohnort Wien zu verlassen und nach Ecuador auszuwandern.
Für mich (Gerhard) kam noch dazu, dass ich meinen Beruf als Musiker nach 35 Jahren endgültig an den Nagel hängen mußte. Anneli, meine Frau, hatte es als Tierärztin leichter, da sie ihre Tätigkeit auch in der neuen Heimat ausüben konnte.


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gerhard gareis: llama trekking fan"
So brachen wir im Jahre 1994 mit unseren 2 Kindern auf einem polnischen Frachtschiff nach Südamerika auf. Erleichtert wurde uns dieser Schritt durch unsere Begeisterung für die Berge, die in Ecuador zum Großteil noch unzerstört und teilweise unerforscht sind.


Nun wohnen wir in der Nähe von Quito im "Valle de Los Chillos”. Dieser Talkessel in 2500m Seehöhe ist ideal als Ausgangspunkt für unsere Wanderungen mit den Llamas.
Die Idee zum Llamatrekking entstand durch die Schwierigkeit, mit unseren Kleinen (2 Kinder wurden in Ecuador geboren) am Wochenende in die Berge hinauszuwandern. So kauften wir uns zuerst eine gutmütige Eselin am bekannten Markt von Otavalo. Leider war es schwierig, sie zu weiter entlegenen Gebieten zu transportieren und so blieb das Problem mit unseren Wanderungen weiterhin ungelöst.
So hatten wir schließlich den Einfall, Llamas als Reit– und später auch als Lasttiere einzusetzen, weil bis zu 2 Llamas gut in unseren VW-Bus paßten.

Ganz so einfach war die Sache allerdings nicht. Llamas sind, ohne Ausbildung, scheue und unnahbare Wesen, die im Gegensatz zum Esel nie auf den Menschen zugehen. So beschafften wir uns Fachliteratur aus den USA, wo Llamatrekking immer populärer wird, und meine Frau begann, unsere ersten 2 Llamas täglich zu trainieren. Der Erfolg blieb auch nicht aus, bald tolerierten die Tiere unsere Kinder als Reiter.
Llamas wurden in Südamerika schon vor 4000 Jahren domestiziert, als Lasttier und zur Fleisch – und Wollegewinnung genutzt. Obwohl das Llama aufgrund seiner Größe keine Tradition als Reittier hat, sehen wir in entlegenen Bergdörfern häufig Kinder auf ihnen reiten. Kinder sind meistens begeistert von Llamas, weil sie sanft und ruhig sind und niemals scheuen, wie es Pferde gelegentlich tun.

Oft werden wir gefragt, ob Llamas spucken. Es stimmt schon, Llamas spucken sich in Auseinandersetzungen gegenseitig an, und man sollte gut aufpassen, damit man nicht dazwischengerät und vom Mageninhalt eine Fuhre abbekommt, denn es riecht schrecklich. Niemals haben wir allerdings beobachtet, dass eines unserer Llamas auf Menschen gespuckt hätte, auch nicht in höchster Aufregung. An oberster Stelle in der Beziehung zwischen Llama und Mensch steht der Respekt, den sich beide gegenseitig zollen sollten.

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wer führt hier wohl wen?"

Heute besitzen wir 8 Llamas und 2 Esel, die alle gut ausgebildet sind. Ein Land Rover mit Anhänger steht zum Transport der Gäste und Tiere bereit. Ausrüstung (Zelte, Schlafsäcke, exquisite Kost) tragen unsere Tiere auf eigens angefertigten Sätteln und dazugehörigen Taschen über weite Strecken.
Unsere Aktivitäten beschränken sich auf die ecuadorianische Sierra. Wegen der Fülle an landschaftlich schönen Wandermöglichkeiten wurde uns die Wahl für unsere Touren sehr schwer gemacht. Derzeit bieten wir gänzlich unberührte Gebiete, wie die "Llanganates" und die Laguna "Puruhuanta" an. Eine vielleicht etwas bekanntere Tour führt in die traditionelle Heimat der Llamas in Ecuador: "Zumbahua" und die Laguna "Quilotoa".


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transportmittel für transportmittel"
Die Touren, die wir derzeit im Programm haben, erfüllen die verschiedensten Ansprüche.
Die 3-Tages Tour "SIBELIUS” erinnert von der Landschaft her ein bisschen an die finnische Weite und deren Seen und hat deshalb ihren Namen nach dem finnischen Komponisten.

Sie führt in die Gegend der "Llanganates” , die sich von 4000m Seehöhe im Páramo bis in die Ausläufer des ecuadorianischen Dschungels erstreckt. Allerdings dringen wir nicht ganz bis in das sagenumwobene und kaum erforschte Gebiet vor, wo angeblich heute noch ein Goldschatz von unermeßlichem Wert liegen soll, den Rumiñahui im Auftrage des Inkakönigs Atahualpa dort versteckt haben soll.

Unsere Wanderung führt uns vielmehr in den offenen Páramo mit seinen vielen Seen und seiner besonderen Vegetation. Die Übernachtung im Páramo ist besonders bei sternenklaren Nächten ein tolles Erlebnis. Mit etwas Glück kann man den derzeit feuerspeienden Vulkan Tungurahua beobachten. Aber Vorsicht – wer an die Höhe nicht gewöhnt ist, kann schnell unter "Soroche” (Höhenkrankheit) leiden. Atemnot, Schwindel und Kopfweh zwingen dann zur Umkehr.

Zur Akklimatisierung bieten wir deshalb eine Tagestour hier bei uns an. Das heißt für meine Frau zeitig aufstehen und mit den Llamas ca. 3 km steil bergauf an den Ausgangspunkt unserer Wanderung gehen, während ich die Gäste von Quito abhole und sie mit dem Auto an den "Start” bringe. Dort wandern wir dann gemütlich den ganzen Tag in etwas mehr als 3000 m Seehöhe.
Meine Frau oder ich begleiten die Wanderungen immer persönlich. In uns weniger bekannten Gebieten wird die Gruppe zusätzlich von einem einheimischen Guide geführt.

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die kraft liegt in der ruhe"
pa`rriba


Da wir den individuellen Wünschen unserer Gäste gegenüber stets aufgeschlossen sind, lernen wir ständig neue Plätze kennen; so z.B. die geeignetsten Orte zum Forellenfischen...
Und wer ganz besonders mutig ist, den führen wir gern näher an den Vulkan Tungurahua heran und übernachten auf einem ihm gegenüberliegenden Berg, um in der Nacht die Ausbrüche beobachten zu können.
Rückblickend möchte ich feststellen, dass wir unseren Entschluss, in diesem Lande zu leben, bis heute nicht bereut haben. Ecuador, die Berge und die Wanderungen mit unseren Llamas – die hier das ganze Jahr über möglich sind – entschädigen uns reichlich für das, was man in einem vermeintlich Dritte Welt Land vielleicht entbehren muß.

Text + Fotos:
gerhard gareis

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