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caiman.de 02. ausgabe - köln, februar 2001
grenzfall: köln trifft usa in venezuela

USA - Tourist

Der Magen knurrt. Wir brechen auf, verlassen den Strand in Richtung Posada. Spaghetti und Tomatensalat, zuvor eine Cubita - wir strahlen über beide rot-braunen Wangen - zum Nachtisch vier Stunden Hängematte.

Eine halbe Cuadra bis zum Eingang. Unangenehme Laute durchbrechen die Stille. Und dann im Patio steht sie vor uns und schreit:"Hi guys, my name is Virgin Wight and I`m from Alaska. Where do you come from?"

Zunächst ist mir unklar, ob sich die Frage an irgendwelche "guys" in der Posada nebenan richtet, denn ich werde durch die Wucht der Worte ins Sofa geschleudert. Warum glaubt dieses Volk, alle Welt müsse sich unbedingt für ihr Geplapper interessieren.


...und der wahnsinn rückt näher - weltweit

Dann dämmert´s und mir wird klar, ich habe es mit der Spezie "Früh-am-Morgen-Toiletten-Quatscher" zu tun. 15 Jahre liegt mein USA- Aufenthalt nun zurück und immer noch überfällt mich ein kalter Schauer, denke ich an´s Zähneputzen zur frühen Stunde in einem der Nationalparks des Westens: Müde, verschlafen und noch kein Kaffee in Sicht, setzt du die Zahnbürste an die obere Zahnreihe. Noch freust du dich, keine Menschenseele im Bad anzutreffen und dann erschlägt dich aus dem Off, bzw. aus einer der Klo-Kabinen, ein Redeschwall à la "na du, wie geht´s, ein wunderbarer Tag, camping isch subber...".

Gut, vielleicht mag ich kein allzu kommunikativer Typ sein, aber entschuldige mal, ich putze mir die Zähne und der Kollege ist anderweitig beschäftigt..

Zurück zu Virgin. Freundlich stelle ich uns vor: "Das ist George W. Bush, und ich bin sein Loverboy Ricky Martin", hoffe aber gleichzeitig aus der Nummer raus zu sein. Da erklärt uns Virgin, dass erstens Ricky nicht schwul sei (was zu beweisen wäre!) und es sich zweitens bei Bush um den amerikanischen Präsidenten handeln würde, jeder Spaß also zu unterlassen sei.

Doch da trifft sie den Caiman-Redakteur an der gänzlich falschen Stelle, denn Bushi zum Präsidenten "Amerikas", einer fiktiven bolivarianischen Konföderation aller amerikanischen Staaten zu erheben, muss gesühnt werden: "Zum Duell Matrone!"

Allerdings muss ich zu meiner Schande gestehen, dass mir in dem Moment bewusst wird, einen Fehler begangen zu haben, als sie sich erhebt. Im Badeanzug präsentiert sie ihre 180 Kilo Kampfgewicht, auf gut 185 cm verteilt und konfrontiert uns, weiterhin in ihrem quasi dahin gekotzten Alaska-Slang, mit den Worten: "i´m a boxer: teeen fights, sevvven kills."

Danke! Bitte wieder setzen. Ich verlasse kleinlaut die Szenerie und verbringe den Abend in Trübsal. Wurde mir doch wieder einmal vor Augen geführt, wie weit wir von Bolívars Traum entfernt sind.

Diese Völker sind nicht mehr zu einen!

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pa`rriba

Dirk Klaiber

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