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Mais - die Wunderwaffe gegen den Hunger?

Mais stammt ursprünglich aus dem peruanischen Andenhochland und steht heute nach Weizen und Reis an dritter Stelle der weltweiten Getreideproduktion. Hauptproduzent und größter Exporteur sind mittlerweile die USA. Dort werden 40% der Welternte angebaut. Mehr als die Hälfte der gesamten Maisproduktion wird als Silomais, Grünfutter-Mais oder Körnermais an Tiere verfüttert. Nur ein kleiner Teil dagegen wird in Form von Gries, Polenta, Maiskörnern, Popcorn, gegrillten Maiskolben oder als alkoholhaltiges Getränk vom Menschen konsumiert. Den Rest verwendet man zur Herstellung von Kunstfasern und synthetischem Gummi.

Joe Los LLanos - Guide
Historisch gesehen, entwickelte sich die Pflanze vom verehrten Heiligtum der Azteken und Mayas zur rentablen Bioenergie europäischer Umweltschützer. Mais galt als das wichtigste Anbaugut der altamerikanischen Hochkulturen und zentrales Kultobjekt in der Religion der Azteken und Mayas.

Die Europäer lernten die Pflanze während der Kolonialisierung Südamerikas kennen, einen Boom erlebten die Körner in Europa erst im 17. Jahrhundert.

Als Kulturpflanze wurde der Mais hundertfach gekreuzt und für unterschiedliche Zwecke gezüchtet. Es gibt nicht nur verschiedene Futter bzw. Silomaissorten; auch Speisemais unterscheidet sich durch Farbe, Größe, Süße und Konsistenz der Körner. Doch mit dem goldenen Sonnenkorn der Mayas hat der hochgezüchtete Mais aus US-amerikanischen und europäischen Konservendosen geschmacklich wenig gemein. Nach wie vor erfreut sich Mais großer Beliebtheit. Zwar sprechen manche von Schweinefutter und Armenessen, doch wer liebt nicht Popcorn und träumt von gegrillten und gebutterten Maiskolben an brasilianischen Stränden.

Vor wenigen Jahren hat eine neue Epoche für die gelben Kolben begonnen. Neben Getreide, Soja, Raps und Kartoffeln hat die Gentechnik den Mais als Versuchspflanze entdeckt. Das Chemieunternehmen Novartis sprach schon 1998 von hervorragenden Erfolgen, von geglückten Freilandversuchen.
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Ja ... von Freilandversuchen. Eine Gefahr der Übertragung der manipulierten Gene auf artverwandte Blütenpflanzen, z.B. eine Ausbreitung von Herbizidresistenz auf Wildpflanzen, bestünde nicht, ließ die Pressestelle von Novartis verlauten. „Der Bt-Mais 176 von Novartis Seeds enthält ein Gen des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis. Dieses Gen schützt den Mais vor seinem Hauptschädling, dem Maiszünsler. Weiterhin enthält der Mais zwei Markierungsgene für eine Antibiotikaresistenz (Ampicillin) und eine Herbizidtoleranz. Das Antibiotikaresistenzgen ist in der anbaufähigen Maispflanze aber nicht mehr wirksam. Diese Gene sind in der frühen Entwicklungsphase des Mais im Labor zur Erfolgskontrolle der Genübertragung von Bedeutung“, rechtfertigt sich Novartis.

Pferde in Venezuela
Greenpeace dagegen wittert Gefahr für die Verbraucher und prangert „heimliche“ Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Mais von Novartis am Kaiserstuhl an. Der genmanipulierte Mais von Novartis stelle eine Gefahr für die Gesundheit dar, da er ein gezüchtetes Resistenzgen gegen Antibiotika besitze, klagt Greenpeace.

Die Widerstandsfähigkeit gegen Antibiotika könne sowohl auf dem Feld als auch im Magen-Darm-Trakt von Menschen und Tieren auf Bakterien übertragen werden und dazu führen, dass lebensrettende Medikamente im Krankheitsfall versagten. Experten dagegen argumentieren, dass die Übertragung von Antibiotikaresistenz durch die Nahrung von Pflanzen auf den Menschen normalerweise nicht möglich sei.

Um das Thema Gentechnik schwirren ein Haufen Vermutungen, Ängste, Versprechungen und Ungewissheiten, die zu aufgeheizten Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern führen. Fakt ist, dass Genmanipulation an Pflanzen seit Jahren durchgeführt wird. Völlig unbekannt dagegen sind die Langzeitwirkungen solcher biotechnischer Eingriffe.

In Südamerika und der Karibik leiden nach Schätzungen der Food and Agriculture Organization (FAO) der United Nations 54 Million Menschen an chronischer Mangelernährung. Jacques Dioufm, General Direktor der FAO, ist der Überzeugung, dass Erfolge in der Armutsbekämpfung, im Gesundheits- und Bildungswesen nur dann möglich sein werden, wenn zuvor das Hungerproblem gelöst ist. Verheerend ist der Rückgang des Zuwachses landwirtschaftlicher Erträge im Jahr 2000 gegenüber 1999 von 4,2% auf 2,7%. Was im ersten Moment nach einer nicht besonders schwerwiegenden Veränderung aussieht, ist in Wahrheit ein Indiz für sich ausbreitenden Hunger und Notstand. Aus diesem Grund verfolgt die Strategie von FAO drei Hauptziele: Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion, Gewährleistung eines gerechten Zugangs zu Essen für alle und die Stabilisierung der Nahrungsmittelversorgung.

Infokasten: PESA
Die FAO verstärkt ihr „Special Programme for Food Security (PESA)“ nicht nur in Ländern, die unter Nahrungsmittelknappheit leiden, sondern auch in den entwickelteren Ländern Südamerikas, die starken wirtschaftlichen Schwankungen unterliegen. In Argentinien lebt momentan fast ein Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. In bezug auf die Gewährleistung eines gerechten Zugangs zu Lebensmitteln unterstützt die Organisation die Länder auch im internationalen Handel und der Wahrung ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten.

Im Umgang mit den natürlichen Ressourcen und den technischen Hilfsmitteln wurden in der Vergangenheit von westlichen Industrienation schwerwiegende Fehler begangen. Man denke nur an die verheerenden Folgen der „Wunderwaffe“ DDT oder an die Zerstörung regionaler Vielfalt durch vom Westen diktierten Monokulturen.
Die Liste scheint endlos, und es bleibt nur zu hoffen, dass ein gewisser Lernprozess stattgefunden hat und den jeweiligen Regionen eigene Zuständigkeiten und Produktionsformen zuerkannt werden.
Pferde in Venezuela

Die Komplexität des Problems zeigt sich unter anderem beispielhaft am Mais in seiner Rolle als weitverbreitetes Grundnahrungsmittel. Zu verlockend sind die Ernte Ergebnisse der genmanipulierte Sorten, hervorgerufen durch ihre Resistenz gegen Pflanzenschädlinge, ohne intensiven Einsatz von Pestiziden.

Ist Mais die neue Wunderwaffe gegen Hunger? Schön wäre das schon, nur kann Armut und Hunger nicht durch eine einzige genmanipulierte Superpflanze gelöst werden, leider!

Text + Fotos: Kathrin Megerle

Weitere Infos unter: http://www.inaro.de
INARO, ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Länder, beschäftigt sich deshalb mit der Förderung von Anbau und Verwertung nachwachsender Rohstoffe, wie im Fall der Maispflanze.

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