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Amor: Gefächertes - Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses

Ob aus Federn, Bambus, Pergament, Elfenbein oder Seide, der Fächer ist ein altbewährtes Instrument, welches Frauen wie Männer im Laufe der Zeit benutzt haben. In einigen Ländern erreichte der Gebrauch des Fächers eine solche Bedeutung, dass er Teil der jeweiligen Kultur wurde. Doch diente der Fächer nicht nur der Kühlung in wärmeren Gefilden, sondern entwickelte sich gleichzeitig zu einer Ausdrucksform des Kokettierens und des Flirtens, aus der sich eine eigene Sprache entwickelte. Eine Sprache der Liebe, des Verlangens und des Hasses.

Die Geschichte des Fächers beginnt bereits mit den Pharaonen. Schon im Grab des Tut-ench-amun (1350 vor Christus) fand man einen goldenen Wedel mit Federn bestückt.

Und in China lässt sich die Geschichte des Fächers sogar bis zum Kaiser Hsien-Yuan (2697 vor Christus) zurückverfolgen. Die eigentliche Revolution des Fächers geht jedoch auf das siebte Jahrhundert nach Christus zurück. Ein Japaner erfand den zusammenklappbaren Fächer, wodurch die bislang großen Palm- und Federwedel durch ihre kleinen und leicht tragbaren Nachkommen im Laufe der Jahrhunderte langsam abgelöst und beliebter wurden.

Durch den im 16. Jahrhundert florierenden portugiesischen Handel mit Ostasien gelangte der Fächer neben Gewürzen und anderen fernöstlichen Waren nach Europa. Der Handel mit diesem neuen Nutzinstrument begann zu erblühen und durch eine immer größere Nachfrage entstanden eigene europäische Produktionen. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde das Handwerk des Fächermachers anerkannt und der Zusammenschluss in eigene Fächerzünfte ließ nicht lange auf sich warten. Der Siegeszug durch Europa begann.

Nicht nur die kostbaren Materialen, wie Perlmutt, Elfenbein, Edelstein oder Blattgold, die vor allem während des Rokoko, der ersten großen Blütezeit verwendet wurden, machten den Fächer unersetzlich, sondern auch seine Nützlichkeit innerhalb des gesellschaftlichen Lebens. Die strengen Regeln und Verbote mit denen sich die jungen Adligen und später dann auch die bürgerlichen Damen konfrontiert sahen, waren mit der Erfindung der Fächersprache ausradiert. Endlich konnte man sich seinem Verehrer oder Auserwählten mit lautlosen Botschaften in charismatischer Form nähern.

Die Fächersprache entwickelte sich bereits im 17. Jahrhundert in Spanien und wurde in den anderen europäischen Ländern begeistert aufgenommen. In London und Paris sollen sich sogar Fächerakademien herausgebildet haben, um die Damen und Herren das gehauchte Handwerk zu lehren.

Aller Liebeserklärungen zum Trotz hielt sich die Bedeutung des Fächers nur bis zum Ende des 2. Weltkrieges.

Die Zeit der Heimlichkeiten unter den Geliebten war dahin, die Zeit des Fächers passé. Natürlich findet man ihn heute noch, doch dann meist als Souvenir, in Spanien gern mit Flamenco- und Toreromotiv, als Filmrequisite oder bei traditionellen Festen. Damit die Sprache dieses wunderbaren Instruments nicht ganz verloren geht, hier nun die wichtigsten Formeln der Liebe und vielleicht findet sich jemand der die lautlosen Worte erwidern kann.
  • Langweilt man sich in einer Gesellschaft, signalisiert man, dass man Bekanntschaft sucht. Den geöffneten Fächer in der linken Hand halb vor das Gesicht halten und sich zufächeln, d. h. komm zu mir.

  • Ist das Opfer der Begierde entdeckt, so übermittelt man ihm: Komm und unterhalte Dich mit mir. Fächer geöffnet in der linken Hand halten und dem Auserwählten unmerklich zuwinken.

  • Entbrennt die Leidenschaft zu ihm, sagt man ihm: Ich liebe Dich! Fächer geöffnet mit der linken Hand über die Wange gleiten lassen.

  • Ist man sich nicht sicher, ob der Auserwählte die Gefühle erwidert, fragt man ihn: Liebst Du mich? Fragend über den geschlossenen Fächer schauen.

  • Ist die Antwort nein und man selbst enttäuscht, bittet man sich aus, in Ruhe gelassen zu werden. Fächer geschlossen an das linke Ohr halten.

  • Oder aber, da Liebe und Hass eng beieinander liegen, bedeutet man ihm, dass man ihn ab sofort hasst. Fächer mit kurzen Schlägen mehrfach durch die Hand ziehen.

  • Stellt der Auserwählte einem Fragen, so beantwortet man diese mit ja, indem man den geschlossenen Fächer an die rechte Wange hält, mit nein, wenn er an der linken Wange ruht.

  • Hat man sich daneben benommen und möchte um Verzeihung bitten: Den geöffneten Fächer vor dem Gesicht nach rechts und links hin- und herbewegen.

  • Verhält sich der Auserwählte weiter abweisend, so öffnet und schließt man den Fächer und bedeutet ihm damit: Du bist grausam.

  • Wird die Frau von einem Mann umworben, der ihr nicht gefällt, so zerstört sie seine Hoffnung, indem sie sagt: Ich liebe einen anderen. Mit der rechten Hand halb geöffnet flattern lassen oder andeuten, schon vergeben. Den geöffneten Fächer in der linken Hand langsam zu sich hin- und herbewegen, dabei enttäuscht schauend.
  • Bemerkt man, dass das tête à tête beobachtet wird, warnt man seinen Kavalier. Fächer in der rechten Hand wirbeln lassen und in die bewusste Richtung schauen. Den Auserwählten dann in eine stille Ecke zu einem Gespräch unter vier Augen bitten: Fächer geöffnet halten und mit zwei Fingern am oberen Rand entlang fahren.
  • Möchte man sich zu späterer Stunde treffen, so schaut man über den geöffneten Fächer hinweg und teilt ihm die Stunde des Stelldicheins mit, indem man mit dem Finger die entsprechende Anzahl der Falten antippt.

  • Hat man den Mann aller Träume gefunden, legt man den geschlossenen Fächer an die Lippen und bedeutet ihm damit: Küß mich, aber, bitte, nicht hier. Man hält den geöffneten Fächer in der rechten Hand vor dem Gesicht und im Herausgehen winkt man ihm: Folge mir!

Weitere Artikel zur Kolumne findet ihr im Archiv.







 
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