1500 Kilometer südlich der Kanarischen Inseln und 500 Kilometer westlich der Küste Senegals befinden sich neun Inseln und acht Eilande: die Kapverdischen Inseln. Das Archipel wurde 1456 zufällig von den Portugiesen während ihrer Eroberungsfeldzüge in und um Afrika entdeckt. 1462 gründeten die Portugiesen mit Ribeira Grande auf der Insel Santiago die erste europäische Stadt in den Tropen. Aus der einst unbewohnten Inselgruppe wurde schnell ein Umschlagplatz des Sklavenhandels zwischen Afrika, Europa und Amerika. Später entwickelten sich die Inseln zu einer Hochburg der internationalen Seefahrt. Doch mit dem Rückgang des Hafenbetriebes Mitte der 50er Jahre im letzten Jahrhundert verlor der ehemalige Handelsstützpunkt an Bedeutung. Hinzu kamen die knappen natürlichen Ressourcen der Vulkaninseln, so dass zwei Drittel der Bevölkerung ihre Heimat verlassen musste.
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Das Lebensgefühl der bunt gemischten Nachfahren von entsprungenen Sklaven, heimischen Fischern, rauhen Seemännern und geschäftigen Händlern sowie die Emigration ganzer Generationen spiegelt sich in der kapverdischen Musik der Morna wider. Es sind wehmütige Lieder, voller Nostalgie und Gefühl, doch ersparen sie dem Zuhörer jeglichen Hauch von Schnulzentum.
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Der kapverdische Blues scheint dem Fado verwandt und ist zudem stark geprägt von brasilianischen und afrikanischen Rhythmen. Neben den nostalgischen Mornas zeugt die überschwengliche Coladeira von der temperamentvollen und optimistischen Lebensfreude der Inselbewohner. Die Königin der Morna oder die barfüssige Diva, wie sie in ihrer Heimat und mittlerweile auch in Übersee genannt wird, ist Cesaria Evora.
1941 in Mindelo, auf der Insel Sao Vicente geboren, bleibt sie als Einzige von sieben Geschwistern ihrer Heimat treu. In dem bemerkenswerten Nachtleben der Hafenstadt Mindelo beginnt sie 17jährig ihre Karriere als Barsängerin im "Day&Night", in dem sie für jedes vorgetragene Lied von den anwesenden Seeleuten, Fischern und Touristen 25 Escudos (30 Cent) bekommt. Heute noch singt sie dort, denn nichts kann ihre Verbundenheit und Solidarität zu den Kapverden brechen. So lebt sie, in die Nacht hinein, die leidenschaftliche und lebhafte Person.
1988, Cesaria Evora ist mittlerweile 47 Jahr alt, überredet sie Jose da Silva, ein junger Franzose kapverdischer Abstammung, in Paris eine Platte aufzunehmen. Cesaria, die Mindelo bislang nie verlassen hatte, sagt zu. Der Titel der Platte, wen wundert es, lautet "La Diva aux pies nus" und gilt als Anspielung darauf, dass sie in Mindelo wie auch später bei ihren Konzerten barfuss auftritt: ein Symbol ihrer Freiheit und Unabhängigkeit.
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Weitere Alben folgen: "Destino di Belita", "Mar Azul". Mit "Miss Perfumado" schafft sie ihren internationalen Durchbruch und wird fortan aufgrund ihrer zarten Stimme mit Billie Holliday verglichen. 1995 folgt "Cesaria". Die Platte erscheint in 20 Ländern und wird für den Grammy Award nominiert. 1997 erscheint "Cabo Verde" und 1999 ihr Album "Cafe Atlantico", welches unter Mitwirkung kubanischer Musiker entstand. Die heute 61jährige lebt immer noch in Mindelo und ihre Musik vermittelt nicht nur die kapverdische Lust am Leben, sondern allzu schnell auch das Fernweh.
Text + Fotos: Jutta Huppertz
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