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[art_5] Brasilien: Brasilien trocknet aus (Teil 2) (Teil 1)
São Paulo geht das Wasser aus

Brasilien trocknet aus. Zwar hat das Land die größten Süßwasserreserven der Welt, hauptsächlich im Amazonasgebiet. Im bevölkerungsreichen Südosten wird die Lage jedoch kritisch, in São Paulo beginnt bereits die Rationierung. Und in Rio de Janeiro und Minas Gerais könnte es bald schon genauso kommen.

Auch in der Amazonasregion selbst weitet sich die Trockenheit aus. Der Grund hierfür ist der Rückgang des Regenwaldes: Zwanzig Prozent des ursprünglichen Regenwaldes ist bereits abgeholzt, weitere zwanzig Prozent sind akut bedroht. Die Natur sei "am tipping point", dort, wo das System kippt und es kein Zurück mehr gibt, glaubt der Wissenschaftler Antonio Nobre vom staatlichen Klimadienst INPE.



Die Probleme am Amazonas haben einen direkten Einfluss auf den Regen im Süden und Südosten des Landes. Normalerweise ziehen die über dem Amazonas gebildeten Regenwolken nach Süden, wo sie auf Kaltluftströme aus Argentinien treffen und abregnen. Doch zuletzt funktionierte das System nicht mehr.

So haben sich die rund um die 20-Millionen-Metropole São Paulo gelegenen Reservoirs über das Jahr 2014 hinweg immer mehr geleert. Das Cantareira-Reservoir, verantwortlich für die Versorgung von fast 10 Millionen Paulistanos, hat lediglich noch 9% seines ursprünglichen Volumens. Um überhaupt noch Wasser für die Bevölkerung fördern zu können, wurden Spezialpumpen installiert, die für einen Einsatz knapp über der Bodenschlamm-Grenze konzipiert sind.



Selbst wenn es in der Stadt, so wie in den letzten Wochen häufig passiert, kräftig regnet, bekommen die nördlich gelegenen Reservoirs nichts davon ab. Aus Rationalisierungsgründen wird in manchen Stadtteilen seit Wochen nachts das Wasser abgestellt. Zudem hat der Wasserversorger bereits den Leitungsdruck vermindert, um den Durchfluss zu senken. Geplant ist auch, dass demnächst das Wasser eines Flusses im Bundesstaat Minas Gerais nach São Paulo umgeleitet werden soll.

Doch selbst wenn die Stadt in diesen Wochen noch glimpflich davon kommt und das Wasser im gerade beginnenden Sommer mit seinen Platzregen ausreicht, dürfte ab Mitte 2015 dann endgültig Schluss mit Wasser sein. Dabei gäbe es in der Stadt selber Alternativen zu den Reservoirs. Rund 300 Flüsse liegen im Stadtgebiet unter Kilometern von Asphalt begraben. Egal, wo man sich in São Paulo befindet – man ist niemals weiter als 200 Meter von einem Flusslauf entfernt.



Auch Quellen gibt es im Überfluss. Wo gebaut wird, muss das Grundwasser abgeleitet werden. So fließen Millionen Liter über die Straßen, versickern ungenutzt in den Gullis. Erst jetzt, da die Knappheit droht, wird man sich bewusst, welche Schätze man eigentlich verschleudert. Vielleicht lernen die Paulistanos ja was daraus bevor die Stadt wirklich austrocknet.

Text + Fotos: Thomas Milz

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