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[kol_3] Erlesen: Erneuerbare Energien in Lateinamerika am Beispiel Costa Ricas
Buchauszug

Dem Licht der Sonne folgend, verließen wir die Alte Welt. (Kolumbus, Christoph 1492).

Sicherlich hat der bekannteste aller Seefahrer nicht damit gerechnet, dass mehr als 500 Jahre nach seiner Entdeckung Costa Ricas auf seiner vierten Reise nach Amerika seine Worte den heutigen Zeitgeist auf den Punkt treffen. Die Sonne gilt neben Wasser als der Ursprung allen Lebens und als die wichtigste Energiequelle für die Zukunft.

Erneuerbare Energien in Lateinamerika. Die nachhaltige Internationalisierung von Unternehmen. Das Beispiel Costa Rica
Claus-Bernhardt Johst (Autor)
IGEL Verlag, Hamburg 2009
ISBN: 978-3868152623, 44,90 €

Zu beziehen im Buchhandel, beim
www.igelverlag.com oder amazon.de.

Erneuerbare Energien in Lateinamerika. Die nachhaltige Internationalisierung von Unternehmen. Das Beispiel Costa Rica bietet einen gut strukturierten Überblick über die Investitionsmöglichkeiten im erneuerbaren Energiesektor in Mittelamerika, speziell in Costa Rica.
Durch seine Reisen durch und längere Studien- und Arbeitsaufenthalte in  Mittelamerika, Kolumbien sowie Venezuela hat der Autor sehr gute Einblicke in die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen im erneuerbaren Energiesektor erhalten. Die notwendigen Kenntnisse vor Ort werden in einer gesunden Mischung aus lokalen und internationalen Interviews ergänzt und interpretiert. Nicht nur für Wirtschaftswissenschaftler interessant, sondern auch für (energie-) politisch Interessierte, die wissen wollen, wie das kleine Land Costa Rica auch mal unkonventionelle Wege geht und dabei zum Vorbild für einen ganzen Kontinent wird.

Die Europäer und allen voran die Deutschen als Technologieführer haben sich im Zuge des Kyoto-Protokolls hehre Ziele für den Klimaschutz gesetzt und nehmen eine wichtige Stellung im weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien (EE) ein, wie z.B. beim Bau von Windparks, Biomasse und Solarkraftwerken. Neben der Reduzierung von wirtschaftlichen sowie politischen Abhängigkeiten gegenüber rohstoffreichen Ländern und der Garantie einer sicheren und sauberen Energieversorgung sind insbesondere ökonomische Ziele auch für die Unternehmen der EE von Bedeutung.

Der globale Wettbewerb und die rasch steigende Wichtigkeit der EE für den Energiesektor bringen die Unternehmen dazu, über den Tellerrand zu schauen und weitere Märkte in den Fokus ihrer unternehmerischen Aktivitäten zu rücken. Die EU, die "alte Welt", ist für viele EE-Unternehmen die wichtigste Region für den Absatz ihrer Produkte. Es entstehen jedoch neue Märkte wie z.B. in China, Indien und den USA.

Aber welchen Stellenwert haben bei all den europäischen Bestrebungen im Ausland die Länder Lateinamerikas? Dieser Subkontinent ist reich an natürlichen Ressourcen, hoher Sonneneinstrahlung und birgt in vielerlei Hinsicht Geschäftspotentiale für EE-Unternehmen. Doch viele belächeln die Versuche einzelner Länder, ökologische Ziele zu erreichen und den Ausbau der EE voranzutreiben. Dabei gelten insbesondere die Bemühungen in Costa Rica als richtungweisend in der Region.


Foto: Windkraftpark in Costa Rica

Das Wort Nachhaltigkeit ist omnipräsent und es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht im Fernsehen, in den Zeitungen oder auf Hauptversammlungen der Unternehmen über nachhaltiges Wirtschaften, nachhaltigen Tourismus, nachhaltige Viehzucht etc. berichtet wird. Der Begriff Nachhaltigkeit hat nicht nur in den Firmenzentralen auf Vorstandsebene, sondern auch in den heimischen Wohnzimmern Einzug gehalten. Jeder kennt sie und findet sie gut, aber kaum jemand weiß exakt, was sie bedeutet.

Der Ursprung der Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft und geht auf den deutschen Adligen Hannß Carl von Carlowitz zurück, der einem ökologischen Ansatz folgte und schon im 17. Jahrhundert die nachhaltige Forstwirtschaft betrieb sowie den Erhalt des Grund und Bodens für die nachfolgenden Generation. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts greift der amerikanische Wissenschaftler Dennis L. Meadows das Thema auf und schreibt an den Think Tank Club of Rome seinen Bericht "Die Grenzen des Wachstums". In ihrer Studie beschreiben Meadows et al. die aufkommenden Umweltprobleme und die Endlichkeit der Rohstoffe. Sie verbinden den ökologischen mit einem sozialen Ansatz und analysieren die nicht nachhaltige Nutzung von Naturkapital sowie die sozialen Folgen für die Menschen (vgl. Meadows et al. 1987).

Den Durchbruch im populären Sprachgebrauch schafft der Begriff Nachhaltigkeit durch den Report "Our Common Futur" der Brundtland Kommission Ende der 80er Jahre. Der norwegische Ministerpräsident Gro Harlem Brundlandt prägt die Begriffe Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung, die besagt, "development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs." (vgl. Boyle et al. 2003, 6).

Spätestens seit dem UN-Weltklimagipfel 1992 in Rio de Janeiro ist der Ansatz fest im Klima- und Artenschutz verankert und erhält weltweite Aufmerksamkeit, wobei die Menschen bzw. der soziale Aspekt in der Definition sehr stark ins Zentrum gerückt werden (vgl. Boyle et al. 2003, 6f.). 

"Wo wären wir heute, wenn man Kolumbus gesagt hätte: Christoph, bleiben Sie hier. Warten Sie mit Ihrer Entdeckungsreise bis unsere wichtigsten Probleme gelöst sind: Krieg und Hungersnot, Armut und Kriminalität, Umweltverschmutzung und Krankheiten, Analphabetismus und Rassenhass… (Gates, Bill (o.J.)).

Es ist eine Kann-Entscheidung, in Costa Rica ein Auslandsengagement zu betreiben. Aber Lateinamerika gewinnt sicherlich durch seinen Ressourcenreichtum in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung. Die Deutschen, Exportweltmeister und Technologieführer, sowie andere ausländische Unternehmen der EE sind gefordert, die ökonomischen Chancen zu nutzen.



Foto: Solarthermie in Costa Rica

Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem politischen Umschwung in den USA, der einerseits auf weitere Marktchancen in der Region hoffen lässt, andererseits neue Konkurrenten mobilisiert. Wie schon oft in der Vergangenheit geschehen, laufen speziell die Deutschen Gefahr, ihren Technologie- und Know-how-Vorsprung zu verlieren.

Wie Bill Gates treffend formulierte, ist Pioniergeist gefragt und unbedingter Wille erforderlich, wenn ein Unternehmen der EE in Costa Rica unternehmerisch aktiv wird. Die Marktattraktivität und die unternehmensindividuell eingeschätzten Risiken und Barrieren beeinflussen die Entscheidung in hohem Maße und können für Unternehmen derselben Branche interessant oder uninteressant sein.

Das Land eignet sich hervorragend, um als Präsenzmarkt in der Region Fuß zu fassen und speziell für kleine und mittlere Unternehmen der EE erste Gehversuche im lateinamerikanischen Raum zu wagen. Das "Labor" Costa Rica bietet die Möglichkeiten unter Berücksichtigung der sechs Nachhaltigkeitsaspekte, einen Versuch zu starten und in Zusammenarbeit mit den lokalen Einrichtungen den Ausbau EE voranzutreiben. – Die drei Nachhaltigkeitsaspekte (ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit) werden um weitere drei (politische, technologische und rechtliche) ergänzt, da gerade im EE-Bereich der politische Entscheidungswille auf die Gesetzgebung und einen angestrebten Technologietransfer von Industrie- in Entwicklungs- und Schwellenländern maßgebend beeinflussen. – Die persönliche Bearbeitung des Marktes unter Zuhilfenahme von Spezialisten, die sich in der Region auskennen, ist dabei von Bedeutung, um eine korrekte unternehmensindividuelle Portfolioanalyse zu erstellen.

Text + Fotos: Claus-Bernhardt Johst

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