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[art_2] Brasilien: Rio ist heiß! – Olympia kann kommen
 
Rios ist heiß drauf, und seine Cariocas sowieso! Die Stadt am Zuckerhut will die Olympiade 2016, komme, was da wolle. Im Gegensatz zu den anderen Bewerberstädten Madrid, Tokio und Obama’s Chicago steht in Rio die große Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Milliarden teuren Spektakel. Ein Pluspunkt in Zeiten knappen Geldes und besorgter Bevölkerungen.

So kann Rios Bürgermeister Eduardo Paes siegesgewiss schmunzeln. Nein, Favoriten gebe es natürlich nicht. Aber eine "gute Chance" habe man, meint er. Da kann sind auf Rios Straßen ganz andere Töne zu vernehmen. Man sei die einzige der Bewerberstädte, die die Olympiade wirklich wolle – egal, ob man gerade in einer Wirtschaftskrise stecke oder nicht. Man stehe für die neue, junge Welt, die endlich auch ihre Spiele haben wolle. Madrid, Tokio, Chicago – was solle da an Neuem für die Welt bei herauskommen?

Zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele könnte so eine südamerikanische Stadt den Zuschlag erhalten – ein starkes Argument für Brasiliens Sonnenscheinhauptstadt. So hat man sich auch ein schönes Motto für die Kandidatur einfallen lassen: "Viva essa paixão" (Lebe diese Leidenschaft). Wo anders als in Rio kann man so etwas ungeschoren sagen?

"In Tokio bestimmt nicht oder können Sie sich vorstellen, dass man dort die Leidenschaft seines Lebens erfahren kann?", meint ein vom Sieg Rios überzeugter Carioca. Schließlich leben Brasilianer, wie ja so viele Latinos, von der Leidenschaft. Die muss natürlich auch stets gefüttert werden und Rio könnten da ganz ungewohnte Zeiten ins Haus stehen: schließlich trägt man die Fußball-WM 2014 ja auch schon aus.

Kommt nun Olympia noch dazu, so wäre Rio de Janeiro in den nächsten Jahren so etwas wie die Welthauptstadt des Sports.

Da trüben auch die vielen Probleme der Stadt die Stimmung nicht wirklich: Das allgemeine Verkehrschaos, die große Entfernung des Olympiazentrums in Barra da Tijuca vom Stadtzentrum, die hohe Gewaltrate besonders in den Armenvierteln, das veraltete und unzureichende Hotelbettenangebot und – natürlich – der marode Internationale Flughafen.

Doch manch einer zeigt sich besorgt, ob der horrenden Kosten für die Spiele. Jede Menge "weiße Elefanten" werde man da hochziehen, Bauten die nachher niemand mehr brauchen oder finanzieren könne. Ein Beispiel hierfür ist das Stadion João Havelange. Für 500 Millionen Reais zu den Panamerikanischen Spielen 2007 erbaut, soll es bis 2016 zum Olympiastadion ausgebaut werden. Nach Ende der PAN 2007 suchte man verzweifelt eine vernünftige Funktion für das riesige Bauwerk. Schließlich vermietete man es für die lächerliche Summe von 36.000 Reais monatlich an den bald wohl zweitklassigen Fußballklub Botafogo.

Ähnlich erging es der gigantischen Basketballhalle in Barra da Tijuca, die seit Ende der PAN-Spiele vor allem Rockkonzerte beherbergt.

Dagegen ist das daneben gelegene Schwimmstadion Maria Lenk für Olympia zu klein, obwohl es erst vor zwei Jahren fertig gestellt wurde. Jetzt wird man halt eine komplett neue Schwimmarena bauen müssen. Olympia ist schließlich kein Kinderspiel. Vorsichtig fragt da manch einer, ob man das ganze Geld nicht lieber in Sozialprojekte stecken solle...

Entscheiden wird sich das Rennen um die Olympiade 2016 am 02. Oktober in Kopenhagen. Präsident Lula wird live vor Ort sein, genau wie Kollege Obama.

Dem hat Lula schon angekündigt, dass er in der dänischen Hauptstadt eine Niederlage erleiden werde. Lula ist 100%ig von Rios Sieg überzeugt.

Und er weiß auch warum: "Wenn die Athleten gerade eine Goldmedaille gewonnen haben, werden sie sich nicht im Hotel einschließen und in die Hydromassage gehen - sondern sie werden an den Strand gehen, ein Bad im Meer nehmen, eintauchen wollen und anschließend mit noch mehr Energie wieder herauskommen und bereit sein, noch eine Medaille zu gewinnen."

Text + Fotos: Thomas Milz

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