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[kol_3] Hopfiges: Cruzcampo mit dem G-Punkt
 
Seit Jahren schon zaubern die Spanier in ihren Bierregalen: Sorten neuer und neue Sorten gestandener Brauereien bieten sie in Supermärkten und Discountern feil. Edles, mit Koriander und Lakritze verfeinertes Bier als Alternativ-Getränk zum Fisch preist die DAMM-Brauerei aus Barcelona. Niemand geringeres als der weltbeste Koch Ferran Adrià war an der Kreation maßgeblich beteiligt. Dieses Jahr überrascht Cruzcampo aus Sevilla mit einem andalusischen G-Punkt auf Flaschen und Dosen.

Der G-Punkt ist der Punto Glacial. Jede Flasche trägt ihn auf dem Etikett. In der Kühlung verfärbt er sich blau. Die Flasche oder Dose signalisiert dann: Die perfekte Trinktemperatur ist erreicht. Konsumier mich.

Der G-Punkt ist also eine Art Trinkhilfe. – Braucht’s das? Aber absolut!

Ich liebe es, morgens ein Fläschchen Bier zum Frühstück ans Bett geliefert zu bekommen. Nur perfekt temperiert muss es sein. – Zumindest träume ich davon. Leider ist in den Träumen die Temperatur immer zu warm und ich höre beim Aufwachen mein schlafendes ich sagen: "Jupp, dat is mich schon wieder ens ze wärm. Da komm ich nit op de Fööss mit."

Oder nehmen wir mein Lieblingsrestaurant. Vietnamesisch. Das Essen ist ganz großes Kino, nur leider scheitert das Personal an der Wissenschaft des Bierkühlens. Vielleicht ist der Kühlschrank zu warm eingestellt, jedenfalls schreit das Bier bei jedem Besuch nach Eiswürfeln. – Mit dem Punto Glacial auf der Flasche wäre das anders: "Kellnerin oder Kellner, komm mal her du. Siehst du nicht, dass der G-Punkt noch ganz unbefleckt weiß ist", würde ich dann sagen. "So nicht meine Liebe bzw. mein Lieber, ich möchte einen schönen blauen Punto Glacial sehen, wenn du mir ein neues Fläschchen bringst."


Cruzcampo aus Sevilla gehört neben Estrella DAMM zu den spanischen Klassikern. Mit dem Punto Glacial hat die Kreativabteilung Cruzcampos ein echtes Meisterstück geliefert. Ähnlich dem der die Hand umschmeichelnden Dose der Konkurrenz aus Barcelona, die vor knapp drei Jahren nur durch die Veränderung der Dosenoberfläche ein komplett neues Trinkerlebnis aus ein und demselben Stoff kreierte.

Mit dem Punto Glacial wirft Cruzcampo geschmacklich ein völlig neues Bier auf den Markt – oder auch gerade nicht? Allein das Design signalisiert: Da ist Frische drin! Kühle Frische. Eisiger Eingang, eisiger Abgang.

Der silberne Streifen auf dem Flaschenhals-Etikett mit dem blauen Punkt lenkt komplett ab von dem rustikalen, farblich im Blute des Stiers gehaltenen, prostenden Cruzcampo-Brauern. Es wirkt frischer, wie ein komplett neuer Stoff. Das Augenmerk gilt dem alle Harmonie der Komposition sprengenden Punkt. Schon stellt sich die Frage: Ja, was ist es denn jetzt? Handelt es sich beim Flaschen-Inhalt wirklich um Cruzcampo? Das Cruzcampo, das schon seit 1904 gebraut wird? Oder ist es vielleicht doch etwas Neues?

Schmecken jedenfalls tut es komplett anders! Unglaublich, wie die Wahrnehmung auf den Geschmack wirkt. Gut, süffig, dem Kölsch verblüffend ähnlich. Und mit einer wunderbar stetigen kühlen Frische. Das Eis lässt sich förmlich schmecken.

Auf der Website gibt es ein Anleitungsvideo: Den Kühlschrank auf 5°C einstellen und das Bier über dem Gemüsefach platzieren, der kältesten Stelle scheinbar. Dann warten und zuschauen wie sich der G-Punkt verfärbt. Trinken.



Den Punto Glacial verfärbt sich bei 3-4 Grad. Das ist genau der Zustand, von dem ich in der Aufwachfase träume. – Und während ich noch schlaftrunken an das perfekt temperierte Steh-auf-Bier denke, fällt mir mein Frankreich-Urlaub 2004 ein. Kronenburg hatte genau die gleiche Kältegradanzeige… So ganz neu schein die Idee des G-Punkts der Cruzcampo-Kreativen nicht zu sein. Aber sinnvoll unbestritten.


Bewertung Cruzcampo mit dem Punto Glacial

1. Hang over Faktor
(4 = kein Kopfschmerz):
2. Wohlfühlfaktor (Hängematte)
(4 = Sauwohl):
3. Etikett/Layout/Flaschenform
(4 = zum Reinbeißen):
4. Tageszeit Unabhängigkeit
(4 = 26 Stunden am Tag):
5. Völkerverständigung
(4 = Verhandlungssicher):

Text + Fotos: Maria Josefa Hausmeister

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