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[art_2] Spanien: Ein Plädoyer für die "Playa Negra"
 
"Direkt vor dem Hotel ein kilometerlanger, schneeweißer Sandstrand..." - "Berühmt sind diese Dünen, die sich vom Strand bis zum Horizont erstrecken, für ihren sehr feinen, puderzuckerweißen Sand..." Wer kennt nicht solch euphorische Strandbeschreibungen  aus den Prospekten von Reise-Anbietern, die sich in Superlativen überbieten, um die Feinheit und strahlendweiße Farbe des Sandes anzupreisen, auf den der Urlauber sich zu betten gedenkt? Alles gut und schön, aber wieso immer weiß? Wir finden, es ist an der Zeit, mit diesem "Strand-Rassismus" aufzuräumen!

Nichts gegen weiße Sandstrände, aber auch schwarze Strände haben ihre Vorzüge und die Vorurteile gegen schwarzen Sand sind lächerlich.

Viele eher unerfahrene Urlauber verbinden mit schwarzen Stränden die Vorstellung, dieser Sand oder Kies sei "schmutzig" - was für ein Quatsch! Sand hat die Farbe des Gesteins, aus dem er entstanden ist und wenn es sich dabei um schwarzes Vulkangestein handelt, ist natürlich auch der Sand schwarz. Schöne Beispiele für solche schwarzen Strände gibt es auf den Kanarischen Inseln, vor allem auf den westlichen Kanaren (Teneriffa, La Palma, El Hierro).

Der schwarze Sand an den Stränden im Nordwesten Teneriffas (Playa Jardín in Puerto de la Cruz, Playa de Benijo, Playa de Bollullos, Masca oder Playa Paraíso - jawohl!) ist genauso feinkörnig wie weißer und fühlt sich auch genauso an. Wenn man mit geschlossenen Augen über einen weißen und einen schwarzen Strand laufen würde, könnte man keinen Unterschied spüren. Naja, zugegeben, wenn man diesen Vergleich tagsüber bei Sonnenlicht durchführt gibt es schon einen kleinen Unterschied, der alle Unvorbereiteten schmerzhaft treffen kann. Jeder, der schon mal bei über 30° Grad ein pechschwarzes T-Shirt getragen hat, weiß wovon ich spreche: die Farbe schwarz zieht das Sonnenlicht magisch an und schwarze Gegenstände erhitzen sich dadurch deutlich mehr als helle.

Also sind Badelatschen oder Flip-Flops beim Betreten von schwarzen Sandstränden auf Teneriffa oder anderswo sehr wichtig. Andernfalls holt man sich auf dem Weg zur ersten Welle, und sei er noch so kurz, Brandblasen oder gegrillte Fußsohlen.

Denn spätestens im Mittagslicht hat sich der schwarze Sand so dermaßen erhitzt, dass seine Temperatur kurz vor dem Siedepunkt angelangt ist. Aber seien wir mal ehrlich: sind nicht alle schönen Dinge im Leben auch mit etwas Schmerz verbunden? Was wäre das schönste Liebesglück ohne ein paar Momente Herzschmerz zwischendurch? Die paar Sekunden Fußsohlenschmerz machen die Liebe zu schwarzen Stränden doch umso intensiver und leidenschaftlicher!

Zum totalen Klischeebild des Urlauberparadieses à la Karibik mag zwar neben türkisblauem Meer, einem sanft schaukelnden Fischerboot und in einer Tropenbrise wehenden Palmzweigen immer noch ein weißer Sandstrand gehören. Was aber kaum zu rechtfertigen ist. Wenn wir schon von Traumbildern sprechen: garantiert nicht gerade ein schwarzer Strand einen besonders spektakulären Kontrast zum weißen Wellenschaum?

Und hebt nicht Schwarz als Einfassung das brillante Türkisblau einer Meeresbucht effektiver hervor - wie ein Saphir, der mystisch aus dem Dunkel leuchtet? "Black is beautiful!" gilt also nicht nur für Menschen, sondern auch für Strände!


Übrigens noch ein Tipp für die etwas erfahreneren Touristen, die im Urlaub auch mal ein Buch (oder ausgedruckte Caiman-Artikel) zur Hand nehmen: da schwarzer Sand das blendende Sonnenlicht viel weniger reflektiert als weißer ist das Lesevergnügen an schwarzen Stränden ungetrübter, da weniger anstrengend für die Augen...

Text + Fotos: Berthold Volberg

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