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[kol_3] Helden Brasiliens: Elektronische Weihwasserspender, katholische Kreuzfahrt, Autodeals...
7. Expocatolica in São Paulo
 
Batteriebetriebene Kerzen, Soundsysteme für die moderne Kirchen, Christusfiguren in jeder beliebigen Größe - kein Wunsch blieb bei den Besuchern der katholischen Messe Expocatolica in São Paulo offen. Zum siebten Mal fand Anfang April 2010 Lateinamerikas größte Ausstellung religiöser Utensilien statt. Vor Fortschritt und Modernität wollten sich die Aussteller und Organisatoren dabei bewusst nicht drücken.


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"Wir können nicht die Augen verschließen und so weitermachen wie vor 30 oder 40 Jahren", meint Padre Valdeir dos Santos Goulart. Er ist Geschäftsführer der kommerziellen Abteilung der brasilianischen Bischofskonferenz CNBB. Diese erhofft sich von der Expocatolica neue Impulse für die Evangelisierungsarbeit. "Die Technologie kann uns im Bereich der Spiritualität helfen. Das Ziel bleibt aber stets das Gleiche: die Menschen zu einer Begegnung mit Jesus Christus hinzuführen."


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Gut 35.000 Besucher lockt die Messe an vier Tagen an, Neugierige, Fachpublikum und besonders viele Priester. Diesen werden neben schicker Messkleidung und goldenen Abendmahlbechern auch ganz praktische Hilfestellungen gegeben. "Wir führen alkoholfreien Wein", preist eine Verkäuferin und bittet zur Weinprobe. Damit können auch die Menschen an der Eucharistie teilnehmen, die keinen Alkohol zu sich nehmen wollen. Daneben gibt es aber auch richtigen Wein mit 10,1 Prozent Alkohol.  Zu Ehren des verstorbenen polnischen Papstes trägt er den Namen Johannes Paul II.


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"Wir bieten unsere Produkte auf die Zielgruppe katholische Kirche zugeschnitten an", preist eine große brasilianische Versicherungsagentur wenige Meter daneben ihre eigens kreierte Kirchen-Produktlinie. "Auto und Wohnhaus der Priester, wir versichern alles." Auch Lebensversicherung und Rentenmodelle, "alles was für den säkularen Kunden angeboten wird, haben wir auf die speziellen Bedürfnisse der katholischen Kirche abgestimmt. Und dazu bekommen die Padres bei uns noch einen speziellen Rabatt."


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Aber nicht nur ums Verkaufen geht es bei der Expocatolica. Das Rahmenprogramm bietet zahlreiche Seminare und Diskussionsrunden. Hier wird neben Glaubensfragen auch über die praktische Organisation und Verwaltung der Kirchen und ihres Glaubensalltags referiert. Wie baue ich eine denkmalgeschützte Kirche um? Wie kann ich in die Jahre gekommene Kirchenkunst fachgerecht restaurieren? Die Antworten findet man hier.


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Derweil diskutiert eine Gruppe von Nonnen über eine Audio-Software für das Gemeinderadio. Am Nachbarstand werden elektronische Weihwasserspender angepriesen, inklusive eines Sensors "der erkennt, sobald eine Hand darunter gehalten wird und dann genau zwei Tropfen Weihwasser freigibt", so die Werbetafel. Besonders hygienisch und effizient sei dies, "null Verschwendung!"


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Katholische Kreuzfahrt - reiselustige Katholiken werden eingeladen bei der nächsten katholischen Kreuzfahrt vor der Küste Brasiliens dabei zu sein. Vier Tage auf hoher See samt religiösen Musikshows, unter Beteiligung eines echten Erzbischofs. Aber auch auf dem Land locken religiöse Tourismusziele wie die Stadt Aparecida mit ihrer Basilika, der zweitgrößten der katholischen Welt. (Mehr als neun Millionen Pilger besuchen jedes Jahr den Ort der Marienerscheinung. Gemeinsam mit der Cristo-Erlöserstatue in Rio de Janeiro und der Pilgerstätte für die Heilige Paulina in der südbrasilianischen Stadt Nova Trento hat man sich zusammengetan um den religiöse Tourismus noch weiter anzukurbeln.)


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Aber darf Religion und Kommerz überhaupt Hand in Hand gehen? "Würden wir die Gottesdienste an sich kommerzialisieren, den Segen gegen Geld erteilen, dann hätten wir tatsächlich ein Problem", meint Padre Goulart von der CNBB. "Aber hier werden Dinge angeboten, die den Menschen in seiner Spiritualität unterstützen, den Padre bei der Feier der Eucharistie helfen, ihn berät bei Fragen der Größe des Kreuzes oder des Altares in seiner Kirche. Deshalb sehe ich da keinen Widerspruch."


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Stolz präsentiert Padre Goulart auf der Expocatolica eine Partnerschaft die er vor wenigen Monaten mit einem großen Autokonzern eingefädelt hat. "Wir haben in Brasilien 13.000 Gemeinden, 20.000 Priester, unzählige katholische Schulen und vieles mehr." Da liege es doch nahe, die katholische Kaufkraft zu bündeln, so Goulart. "Der Rabatt den die CNBB vom Hersteller bekommt ist praktisch doppelt so hoch, als wenn jede Gemeinde einzeln beim normalen Autohändlern kaufen würde." Gewollt sei schließlich alles, was die Evangelisierung erleichtert, sagt er mit einem leichten Lächeln.

Text + Fotos: Thomas Milz

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