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[art_4] Uruguay: La Vela Puerca

In Argentinien spielte La Vela Puerca mit so namhaften Bands wie Bersuit und den Fabulosos Cadillacs und machte sich in den letzten Jahren einen Namen in ganz Lateinamerika und darüber hinaus. Jede ihrer drei Platten hat mittlerweile mindestens Gold geholt! Im Zuge ihrer vierten Europatournee sprach Andreas Dauerer mit Sebastián Teysera (el enano), dem Kopf der uruguayer Band La Vela Puerca.


Eure Bandgeschichte liest sich wie eine Verkettung glücklicher Zufälle. War das wirklich so - auch die Sache mit dem Bandwettbewerb - oder gab es zuvor schon Bestrebungen Musiker zu werden?

Die Band hätte mich beinahe umgebracht, weil ich die Kassette eingeschickt habe mit der wir später auch den Wettbewerb gewonnen haben. Was ich eingeschickt habe, war ein Mitschnitt von unserem ersten Konzert Weihnachten 1995. In der Bar eines Freundes im Barrio Punta Carretas in Montevideo haben wir 30 Minuten gespielt und dieses Konzert haben wir aufgenommen, um es eventuell Neffen und Nichten zu zeigen. Ohne der Band einzuweihen, habe ich drei Stücke daraus an den Bandwettbewerb geschickt. Das Schlimme war, dass es sich um eine wirkliche grauenhafte Aufnahme handelte. Der Sound war echt schlecht, schließlich war es unser erstes Konzert. Und als die Band davon erfahren hat, hätten sie mich am liebsten umgebracht, klar oder? Aber gut, letzten Endes haben wir ja gewonnen!

Von der Jury war vorgesehen, dass unter den 250 Einsendungen, die 20 besten im Fernsehen auftreten und ein Stück Playback zum Besten geben sollten. Aber wir konnten das nicht machen, weil unsere Aufnahme so schlecht war (er lacht). Deshalb mussten wir erst einmal einen Song neu einspielen, ehe wir auftreten konnten.

Wie lange spielen La Vela Puerca schon zusammen?

Unser Bassist Nicolás, Santi, einer der Gitarristen, und ich spielten zuvor etwa schon fünf Jahre zusammen. Ohne Namen und ohne jegliche Ambitionen. Wir waren Freunde und spielten einfach zum Spaß. Erst als wir uns entschieden, uns mit der Band einen Namen zu machen, haben wir versucht neue Leute zu finden: Rafa, der zweite Gitarrist zum Beispiel, der Schwager von Nicolás und Cebolla, der Freund einer Schwester. Insgesamt sind wir eine große Familie. Irgendwann waren wir dann zu acht und ab diesem Zeitpunkt ging alles sehr schnell, denn schon ein halbes Jahr später nahmen wir mit "Deskarado" unsere erste Platte auf.

Für die CD Deskarado bekamt ihr gleich Gold in Uruguay? Wie war das in anderen Ländern?

In Uruguay wurde sie sofort vergoldet, später in L.A. aber mit einigen kleinen Veränderungen neu abgemischt. Es sind zwar die gleichen Lieder, aber neu eingespielt und sie heißt dann auch La Vela Puerca. Inzwischen hat sie Tripel Platin gewonnen, aber es leben ja auch nur drei Millionen Menschen in Uruguay (lacht).

Woher kommt der Bandname?

Santi arbeitete einen Sommer lang in einem Restaurant am Strand und sein Chef gab ihm den Spitznamen La Vela (das Segel). Daraus wurde dann irgendwann La Vela Puerca und dies übernahmen wir später für die Band.

Mittlerweile zählt La Vela Puerca zu den erfolgreichsten Bands in Uruguay und Argentinien. Gibt es einen Hauptverantwortlichen für diesen Erfolg? Wer schreibt die Texte und komponiert die Musik?

Ich reiste noch vor den Aufnahmen zur ersten Platte drei Monate lang durch Europa, unter anderem auch durch Deutschland. Zu dieser Zeit existierte La Vela Puerca in Montevideo bereits. Als ich dann zurückkam, hatte ich eine Menge Lieder im Gepäck und wir begannen gemeinsam an den diesen Songs zu arbeiten. Allerdings war keiner von uns wirklich ein Studiomusiker - heute zwar auch nicht, aber immerhin mit zehn Jahren mehr Erfahrung (lacht). Ich hatte zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon alle Arrangements im Kopf; also den Basslauf, die Stimme etc. Allerdings beeinflussen mich die anderen während den Proben. Inzwischen singe ich aber nur noch.

Habt Ihr irgendwelche musikalischen Vorbilder?

Ja, natürlich. Viele. Allerdings haben wir uns musikalisch nicht so sehr beeinflussen lassen. Wir achten eher darauf, was andere Bands auf der Bühne machen. The Clash zum Beispiel, die machen eine gute Show. Bei ihnen gibt es keine Distanz zwischen Bühne und Publikum. Das finden wir gut, schließlich wollen wir gemeinsam feiern!

Auf eurer ersten Tour durch Deutschland spieltet ihr als Vorgruppe der Ärzte...

Nein, nein, das war schon unsere vierte Tour durch Deutschland. Die erste haben wir 2003 unternommen, als wir in Europa unser zweites Album "De Bichos Y Flores" vorgestellt haben. Damals haben wir in 60 Tagen 56 Konzerte gegeben. Es war das erste Mal, dass wir wirklich getourt sind. Es war eine wirklich verrückte Erfahrung. Zuvor spielten wir ja in Montevideo vor 30.000 Menschen und einen Monat später in Deutschland vor 30 bis 50! Aber das war normal.

Wer stellte den Kontakt zu den Ärzten her?

Tja, das war Zufall. Wir lernten einen Bassisten in Berlin kennen, der den Tourmanager der Ärzte und auch der Toten Hosen kannte. Als er erfuhr, dass die Ärzte gerne in Lateinamerika auftreten würden, brachte er uns ins Spiel und so begann alles. Den Ärzten gefiel unsere Scheibe und wir spielten als Vorband im letzten Jahr in Deutschland. In Uruguay und Argentinien haben wir dann zusammen sechs Konzerte gegeben.

Was gefällt dir an Deutschland?

Bier. Vor allem Weißbier. Und die Frauen, die sind sehr hübsch; vor allem die Augen gefallen mir und sie besitzen einen Reiz über das körperliche hinaus. Die deutsche Frau ist sehr interessant und gut informiert, sie hat eine Meinung zu vielen Dingen und sagt, was sie denkt oder will.

Wie fühlt Ihr Euch, wenn ihr mit acht Mann auf Tour seid und beinahe jede Nacht spielt?

Am schlimmsten sind die ersten Wochen. Da bist Du müde und hast Probleme mit der Stimme. Aber es ist auch lustig. Wir lernen viele neue Leute kennen und haben auch einige neue Freunde gewonnen. Und das sind die Dinge, die das Tourleben ausmachen, die nicht mehr zur Routine gehören. Wir sind Freunde und erst in zweiter Linie Bandmitglieder. Deshalb bleiben unsere Diskussionen meist freundschaftlich und drehen sich nicht so sehr um die Arbeit.

Meinst du, dass eure Auftritte in Österreich, Schweiz, Holland, Dänemark und Schweden Auswirkungen auf die Plattenverkäufe haben?

Darüber denken wir kaum nach. Zudem haben wir darauf keinen Einfluss. Wir fordern und verlangen eigentlich nichts von der Tour. Wir wollen sie einfach mit Freude leben. Am 10. Mai geht es wieder zurück nach Uruguay und wir werden dort ein großes Konzert geben, um unsere neue Platte zu präsentieren. Und am 7. Juni geht es dann wieder zurück nach Europa, wo wir auf ein paar Festivals wie Hurricane und Southside spielen werden. Wir freuen uns schon sehr, auf das, was da alles auf uns zukommen wird.

Vielen Dank für das Interview und viel Glück heute Abend!

Es war mir eine Freude.

Text: Andreas Dauerer
Fotos: amazon.de