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[art_3] Bolivien: Auf den Spuren Che Guevaras und Bruce Chatwins
 
Im Rahmen eines Auslandssemesters innerhalb des Biologiestudiums arbeitete Lennart Pyritz für vier Monate auf der biologischen Station "Los Volcanes" in den bolivianischen Ostanden an einem ornithologischen Projekt. Währenddessen unternahm er mit bolivianischen Freunden auch einige kurze Fahrten durch die Anden.

Teil Va: Südwärts
Seit vorgestern sind Philipp und ich im Süden Argentiniens, in Patagonien, das auch Bruce Chatwin in einer seiner Reiseerzählungen verewigt hat: eine unendlich weitläufige, dornige Steppenlandschaft, deren Farbe zwischen gelbgrün und braun changiert. Manchmal gruppieren sich einige Bäume um vereinzelte Häuser herum oder der Kopf eines Guanacos ragt aus der Ebene hervor; ansonsten ist alles flach und eintönig und von monotoner Anmut.

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Wir sind zunächst aus dem ruhigen, leicht verrotteten Montevideo ins noch ruhigere Colonia gefahren, einer kleinen Hafenstadt, direkt gegenüber von Buenos Aires an der Mündung des Río de la Plata. Die Altstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe, wunderschön erhalten, mit uralten Autos in den Straßen und direkt am Wasser gelegen. Colonia war so ruhig, dass man beim Gehen in den Straßen hätte einschlafen können zumal die Oldtimer hier auch nicht schneller als Schritttempo fahren (das einzig Gefährliche sind die Roller- und Motorradfahrer). Nach zwei entspannten Tagen in Colonia brachte uns dann die Fähre zurück in den Lärm und die Betriebsamkeit von Buenos Aires.

Wir haben das Großstadtleben noch einmal voll ausgekostet, haben zwei Nächte ohne Schlaf verbracht, waren in der größten, am Hafen gelegenen Disco von Buenos Aires und haben die schwülen Tage verschlafen. Am Sonntagnachmittag sind wir in den Nachtbus nach Puerto Madryn gestiegen, der uns 1400 Kilometer gen Süden gebracht hat.

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Puerto Madryn, ursprünglich eine winzige walisische Siedlung, ist auch heute noch ziemlich klein, aber weniger walisisch, vielmehr touristisch: In der Nähe liegt die Halbinsel Valdés, ein berühmtes Naturreservat. Im Herbst lassen sich hier an der Küste Orcas mutwillig stranden, um am Ufer rastende Mähnenrobben zu packen und ins tiefe Wasser zu ziehen. Die entsprechenden Bilder gingen um die Welt.

Gestern haben wir per Boot und Minibus eine Tour durch den Park gemacht. In der dornigen Einöde landeinwärts sahen wir Guanacos, Nandus, Füchse und Gürteltiere, an der Küste Seelöwenkolonien, tonnenschwere Seeelefanten, die träge im Sand rollten, und Magellanpinguine.

Einen Tag zuvor waren wir mit geliehenen Fahrrädern unterwegs, sind am Strand aus der Stadt hinaus gefahren bis uns nur noch Ebene und Dornbüsche auf der einen Seite und tiefblaues Meer auf der anderen umgaben. Antoine de Saint-Exupéry war, wie ich hier erfahren habe, auch in Argentinien (er hat bei der Luftpost gearbeitet) und einige Ideen im "Kleinen Prinz" hat er wohl aus dieser patagonischen Landschaft geschöpft.

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Heute Nachmittag fahren wir weiter gen Süden, was auf dieser Erdhälfte ungewohnter Weise gen Kälte heißt, nach Comodoro Rivadavia, um eine Bekannte von Philipp aus Mendoza zu besuchen. Danach geht es Schritt für Schritt weiter nach Ushuaia.

Teil Vb: Ein Ende der Welt
Dafür dass wir im "Tierra del Fuego" - Land des Feuers - sind, ist es ziemlich kalt. Nach Zwischenstopps in Comodoro Rivadavia und Río Gallegos sind wir per Flugzeug nach Ushuaia, der südlichsten Stadt Argentiniens, gereist. Es ist windig und frisch, die bunten Häuser kauern an den Berghängen und vom Hafen am Beagle-Kanal starten Expeditionen in die nicht mehr weit entfernte Antarktis.

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Wir durchstreifen die kleine Stadt, besuchen das Denkmal für die Gefallenen des Falkland-Krieges. Dann campieren wir einige Tage im Nationalpark "Tierra del Fuego": Beeindruckende Wanderungen entlang rauer, felsiger Küsten und durch niedrige Wälder mit von Wind und Wetter verkrüppelten Nadelbäumen. Am letzten Tag besteigen wir einen Berg. Als wir verschwitzt und glücklich auf dem Gipfel stehen, klart es plötzlich auf, unter uns liegt Ushuaia glitzernd in der fahlen Sonne, weiter hinten funkelt das Wasser des Beagle-Kanals. Noch weiter draußen verfängt sich der Blick im Dunst, dort, wo ein Ende der Welt liegt. Was für ein Glück, so weit reisen zu können - und was für ein Glück, dass es noch ein zweites Ende gibt, das es zu bereisen gilt.

Auf bald in der Heimat, L.

Text: Lennart Pyritz
Fotos: Thomas Milz

Teil I: Auf in die Anden
Teil II: Mit Jesus auf dem Berg und Larven im Fuß
Teil III: Der Fliegenmensch
Teil IV: Häusermeere und Ein Tango und drei U's

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