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[art_8] Spanien: Bissfestes Reizker-fluffiges Maronen Risotto
Letztens bin ich wieder bitter böse entlarvt worden. Die Abhängigkeit von Haferflocken ist daran Schuld. Wäre es darum gegangen, was für ein Morgen-Koffein-Typ ich bin, hätte ich kontern können: So kriegt ihr mich nicht. Mal starker Cappuccino, mal guter Bohnenkaffee, mal feiner Angerührter und an jedem 2. Morgen frisch aufgebrühter Mate. Ätsch! Aber um Kaffee geht es der Autorin des spanischen Ein-Euro-Gesundheitsmagazins nicht. Sie teilt die Welt in weich und hart, in Suppenkasper und Fleischfanatiker, in Haferflöckler und Pfefferbeißer.
Es lebe der Tag des ersten Pilzrisottos des Jahres. Dieser Tag wird zelebriert und begleitet von einer wunderbaren Dekadenz, einer Dekadenz lediglich begrenzt von dem Vorstellungsvermögen eines Haferflockenaffinen. Mauserl, ruft er, ich mach nur noch schnell Maniküre und dann bringst du mir vom Joggen bitte eine fluffige Zeitschrift mit. Ja und dann, nix wie ab in die Pilze.
Zurück vom Joggen, duscht das Mauserl und ich blättere gierig die ersten Seiten der durch und durch bebilderten Zeitschrift "Rund und gesund" nur 70 Cent mit Kochrezepten und Sudoku durch. Ein wunderschöner Tag steht uns bevor.
Wir streiten kurz aber nicht heftig: Fahren wir da lang oder da lang? Na, da lang. Ne, lieber da lang. Ja, dann vielleicht doch auf den Markt. O.k.!
So ein Markt bietet ja ein unglaublich schönes Bild, wenn man erst einmal runter gekommen von dem ganzen Stress ich bin ja so busy, busy, busy den ersten Risottotag des Jahres begeht. Ach, schau doch mal, wie schön der Salat und erst die Gurken und dort haben sie Oliven und frische Kräuter, Peterling und Rosmarin, Koriander und Selleriegrün. Diese einmalig festkochenden Kartoffeln und die strahlenden Möhrchen. So frisch gibt es das alles nur hier auf dem Markt. - Geht es noch mit dem Tragen?
Und dann endlich der Pilz. Da liegt er halb versteckt. Fast so, als hätte man ihn selber suchen müssen. Eine bezaubernde 350 Gramm Marone. Einpacken? Gern und bitte schön geben Sie noch ein wenig Petersilie dazu. Weiter unten auf dem Markt entdecken wir dann ganze Hexenkreise von Reizker, Steinpilzen und Pfifferlingen. Na, jetzt aber! Es tut mir leid, aber man muss auch mal ermahnen zwischendurch, auch an so einem schönen Tag: Die 3 Kilo Pilze wirst du ja wohl auch noch tragen können.
Ich bin so unglaublich entspannt und ausgeglichen, wenn das Mauserl alles trägt, so dass ich mir für den Nachtisch noch 8 Kilo frische Feigen geben lasse. Das reicht dann endlich, sonst bricht mir das Mauserl noch zusammen. Aufi, gehen wir zum Auto. Ich seh ja schon, dass du es gar nicht mehr erwarten kannst, die Pilze zu putzen.
So. An dieser Stelle müsste nun eigentlich das Rezept vom Meisterkoch persönlich aufgelistet erscheinen das war schließlich seitens der Redakteure so gefordert. Aber mir ist so langweilig geworden von dem ganzen Aufwand, den das Mauserl da betrieben hat, dass ich mich in die Sauna, meinem letzten Zufluchtsort bei dem Lärm in der Küche, zurückgezogen habe.
Es handelt sich nicht um eine klassische finnische Sauna, sondern um eine Wärmekabine, die sich durch ihre Infrarotheizung und die kompakte Bauweise auszeichnet. Eine Person kann bequem schwitzen und in der fluffigen Zeitschrift blättern.
Ja, was ist das denn? Da befindet sich doch tatsächlich ein Risotto-Rezept auf Seite 58f. Und dann steht doch da Mauserl, schnell komm, lass alles fallen und liegen, das musst du dir ansehen: Sind in einer Partnerschaft beide Typen, der weiche und der harte, vertreten, dann raten wir Ihnen zu einem Pilzrisotto mit bissfestem Reizker und fluffigen Maronen. ¡Buen provecho!
Text + Fotos: Dirk Klaiber
[druckversion ed 01/2010] / [druckversion artikel] / [archiv: spanien] |
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